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Rationalität und Ethik im Journalismus

Ein Fragebogenexperiment zu Max Webers These

Ausgangspunkt der empirischen Studie bilden zwei zentrale Fragen:
1. Bedenken Journalisten unbeabsichtigte, aber mögliche negative Folgen ihrer Berichterstattung und hat diese Überlegung Einfluss auf ihre Publikationsentscheidung?
2. Sind Journalisten bereit, Verantwortung für diese Folgen ihrer Publikationsentscheidung zu übernehmen?
Theoretische Basis der Untersuchung ist die Definition Max Webers von Rationalität und Ethik. Nach Weber geht Wertrationalität – ein Handeln aufgrund einer übergeordneten Überzeugung ohne Rücksicht auf unbeabsichtigte, aber mögliche negative Folgen – einher mit einer gesinnungsethischen Orientierung, die eine Verantwortung für Folgen des Handelns ablehnt. Zweckrationalität dagegen, ein abwägendes Handeln mit Rücksicht auf Nebenfolgen, korrespondiert mit Verantwortungsethik, die eine Verantwortung für Handlungsfolgen übernimmt.
Webers These, nach der journalistisches Handeln durch Wertrationalität und Gesinnungsethik geprägt sei, wurde in einem Befragungsexperiment überprüft. Dazu wurden 360 Tageszeitungsredakteure zu allgemeinen Urteilen über journalistische Verhaltensgrundsätze sowie zu spezifischen Urteilen in konkreten Beispielfällen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Journalisten sowohl allgemein als auch in konkreten Fällen eindeutig wertrational aussprechen. Zwiespältig argumentieren die Redakteure hinsichtlich ihrer Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen: Bekennen sie sich allgemein zur Verantwortungsethik, argumentieren sie anhand konkreter Fälle gesinnungsethisch.