Die Kommunikationswissenschaft hat die Frage, was Propaganda eigentlich ist, oft gestellt und bisher nicht hinreichend beantwortet. Dem will die Studie nichts hinzufügen. Das Interesse richtet sich vielmehr darauf, wie Zeitungswissenschaftler vor rund 80 Jahren das Phänomen erklärten. Ausgelöst durch das Weltkriegsgeschehen erschienen in der Weimarer Republik von 1919 bis 1933 über 70 Schriften, die den Begriff Propaganda im Titel führten.
Die Analyse beschränkt sich auf die dreizehn propagandakundlichen Dissertationen des Untersuchungszeitraums. Theoriegehalt und Innovationspotenzial der teilweise unveröffentlichten Arbeiten werden herausgearbeitet und im zeitgenössischen nationalen wie internationalen Diskurs (Frankreich, Großbritannien, USA) verortet.
Im Ergebnis wird deutlich, dass die studentischen Wissenschaftler sich aufgrund ihres abstrakteren Gegenstands von dem bis dahin meist deskriptiv-historiographisch behandelten Materialobjekt Zeitung lösten. Propaganda war nur als Beziehung mehrerer Akteure funktional-analytisch erfassbar. Zudem wandten sich die Propagandakundler neuen Mediengattungen wie Film, Rundfunk oder Plakat zu und verstanden Propaganda häufig nicht nur als Wirkung, sondern auch als Prozess.
Aus verschiedenen Gründen drangen diese Impulse kaum in den Diskurs des zeitungswissenschaftlichen Kernmilieus in Deutschland vor. Von einem Einfluss auf einen der Gründerväter der US-amerikanischen communication studies, Harold D. Lasswell, kann jedoch ausgegangen werden.
Propagandatheorien der Weimarer Republik
Quellenstudie zur Disziplingeschichte der Kommunikationswissenschaft