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Post-Krisenkommunikation und Diskurs zu COVID-19

Eine Analyse der journalistischen Berichterstattung und der Kommunikation öffentlicher Einrichtungen

Im Zuge der fortwährenden Globalisierung werden Risiken, Krisen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft voraussichtlich weiter zunehmen. Nach dem offiziellen Ende der COVID-19-Pandemie in Deutschland am 7. April 2023 bleibt die Frage: Was kann aus den letzten Jahren für künftige Krisen gelernt werden. Bisher wird genau diese Post-Krisenphase in der Krisenkommunikationsforschung vernachlässigt. Dass die Post-Krisenphase vielleicht sogar als relevanteste Phase des Krisenkreislaufs anzusehen ist, wird besonders mit Blick auf den zyklischen Charakter von Krisen deutlich. Denn die Lernprozesse der Post-Krisenphase und das daraus generierte Wissen bedingen die Krisenvorbereitung, welche im zyklischen Modell auf die Krisennachbereitung oder aus Post-Krisenphase folgt. Die Krisennachbereitung wirkt sich also direkt auf die Krisenvorbereitung aus. Zudem befasst sich bisher der Großteil der empirischen Literatur zu Krisenkommunikation mit privaten Organisationen. Dabei ist es der öffentliche Sektor, dem bei Krisen, besonders solchen, welche die gesamte Gesellschaft betreffen, eine essenzielle Bedeutung zukommt.

Im Rahmen der Arbeit wurden deshalb drei einzelne empirische Untersuchungen durchgeführt. Zum einen eine Inhaltsanalyse, welche sich mit der journalistischen Berichterstattung im Nachgang der COVID-19-Pandemie beschäftigt und zum anderen zwei Dokumentenanalysen, welche die Post-Krisenkommunikation der Bundesregierung zur COVID-19-Pandemie und die Reflexion und den Stellenwert der Krisenkommunikation der Bundesregierung im Allgemeinen untersuchen. Im Fokus der Analysen standen die ersten sechs Monate nach dem offiziellen Ende der Pandemie in Deutschland.

Die Betrachtung des Post-Krisen-Diskurses zeigt, dass eine gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung in weiter Ferne scheint. Zwar werden die letzten Jahre und deren Folgen scheinbar in den einzelnen Bereichen, also Wissenschaft und Politik, evaluiert, eine ausführliche Reflexion und Einordnung dessen, was die Pandemie für die Gesellschaft bedeutet, bleibt jedoch aus. So werden zwar Forderungen nach einer umfassenden Aufarbeitung (gesellschaftlich wie politisch) laut, gleichzeitig wird geäußert, dass die Aufarbeitung bereits abgeschlossen sei oder eine Aufarbeitung beziehungsweise erneute Beschäftigung mit der Krise der Politik widerstrebt. Es konnten nur wenige Erkenntnisse identifiziert werden, die als Lehren oder Konsequenzen der COVID-19-Pandemie bezeichnet werden können. Während die Post-Krisenkommunikation der Bundesregierung eine zukunftsorientiertere Perspektive einnimmt, stellt sich die journalistische Berichterstattung mit überwiegend rückblickenden Evaluationen und kaum zukunftsorientierten Reflexionen als vergangenheitsorientiert dar. Weiterhin lässt die Untersuchung erkennen, dass der Stellenwert von Krisenkommunikation im öffentlichen Sektor im Rahmen der COVID-19-Pandemie deutlich zunimmt.