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Politische Berichterstattung im venezolanischen Fernsehen: Journalismus im Auftrag der Regierung?

Die Mediensituation im südamerikanischen Venezuela wird immer wieder im In- und Ausland debattiert. Präsident Nicolás Maduro selbst stellt indirekt die Pressefreiheit zur Debatte, wenn er von der „Kriegspropaganda“ der Medien spricht. Erste Hinweise auf Mängel im Mediensystem geben die Pressefreiheit-Indizes von Freedom House und Reporter ohne Grenzen. Die Arbeit untersucht, ob die politische Berichterstattung im venezolanischen Fernsehen im Wesentlichen Journalismus im Auftrag der Regierung ist; mit Begrenzung auf nationale überregionale Fernsehsender im Free TV. Zur Analyse der Einflussfaktoren wird nach Essers Mehrebenenmodell die Medienstruktursphäre und die Gesellschaftssphäre genauer betrachtet. Recherchegespräche mit Experten dienen als zusätzliche Quelle.
Die Analyse zeigt, dass das Fernsehen in Venezuela aufgrund der mangelnden Glaubwürdigkeit politischer Institutionen eine politische Rolle eingenommen hat und die nötige Distanz zur Politik fehlt. Das Fernsehsystem kann als „dual-autoritäres“ System beschrieben werden. Darin stehen sich privat-kommerzielle und staatliche Medien gegenüber, die jedoch nicht frei sind, sondern vom Staat stark kontrolliert werden. Die Pressefreiheit im venezolanischen Fernsehen ist stark eingeschränkt. Die Mängel im Mediensystem sind jedoch nicht allein dem Staat zuzuschreiben und die Journalisten stehen nicht unter direktem Einfluss der Regierung, sodass nicht von Journalismus im Auftrag der Regierung gesprochen werden kann.