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Platon und die öffentliche Meinung

Die soziale Natur des Menschen im Lichte historischer Quellenforschung

Platon wurde von der öffentlichen Meinung beeinflusst. Das zeigt sich in Leben und Werk des Philosophen, so die Hauptthese der Magisterarbeit. Öffentliche Meinung wird hierbei verstanden als soziale Kontrolle im Sinne von Elisabeth Noelle-Neumann.
Die Arbeit untersucht einerseits, wie Platon selbst in den Prozess von Isolationsdrohung, Isolationsfurcht, Umweltbeobachtung, Meinungsklima und Redebereitschaft bzw. Schweigetendenz geriet. Andererseits zeigt sich in der Detailanalyse ausgewählter Schriften, wie viel Wissen um die soziale Natur des Menschen im Werk Platons verborgen ist. So gibt die Apologie unter anderem Zeugnis von verschiedenen Ausprägungen der Isolationsdrohung und erklärt das Zustandekommen des Meinungsklimas gegen Sokrates. Die Isolationsfurcht wird im Gorgias ausführlich thematisiert. Dort müssen drei namhafte Vertreter der Rhetorik eine Niederlage im Disput mit Sokrates hinnehmen. Der wahre Grund für ihr Scheitern ist nicht die mangelnde Fähigkeit, wie in der bisherigen Forschung diskutiert, sondern Isolationsfurcht, wie die Untersuchung zeigen kann. Öffentlichkeit als Bewußtseinszustand, die Umweltbeobachtung und Vorwegnahme des Urteils der öffentlichen Meinung im Sinne des symbolischen Interaktionismus, sind gewichtige Themen im Kriton. Mit der Theorie der öffentlichen Meinung im Sinne von Noelle-Neumann ist es überdies möglich, plausible Argumente in der Diskussion um die chronologische Ordnung der Schriften Platons zu liefern.