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Personalisierung im Europawahlkampf?

Ein inhaltsanalytischer Vergleich der Zeitungsberichterstattung in Deutschland und dem Vereinigten Königreich der Europaparlamentswahlen 2014 und 2019.

Um dem Problem einer stetig sinkenden Wahlbeteiligung entgegenzuwirken und den Wahlkampf zu personalisieren, wurde bei der Europawahl 2014 das Spitzenkandidatenprinzip eingeführt, mit welchem einige der paneuropäischen Parteien jeweils eine/n Spitzenkandidat*in aufstellten. Nachdem diese Personalisierung des Wahlkampfs, bzw. wie frühere Studien zeigen, die einzelnen Spitzenkandidat*innen 2014 weder in der Medienberichterstattung sichtbar waren noch zu einer höheren Wahlbeteiligung führten, die Wahlbeteiligung 2019 aber äußerst stark anstieg, untersucht diese Studie weiterführend die Medienberichterstattung für 2019, um herauszufinden, ob die erhöhte Wahlbeteiligung auf eine höhere Sichtbarkeit und Personalisierung der Spitzenkandidat*innen in der Zeitungsberichterstattung zurückzuführen ist. Neben dem zeitlichen Vergleich wurde zudem ein Vergleich zwischen zwei der bevölkerungsstärksten (damaligen) Mitgliedsstaaten Deutschland und dem Vereinigten Königreich vorgenommen. Hier zeigen vorherige Studienergebnisse für die Europawahl 2014, dass in Deutschland die Spitzenkandidat*innen sowohl sichtbarer waren als auch personalisierter dargestellt wurden.
Es handelt sich hierbei um eine quantitative Inhaltsanalyse, wozu pro Land Artikel aus jeweils drei der einflussreichsten Tageszeitungen aus Boulevard- und Qualitätspresse herangezogen wurden, die kurz vor der Wahlen erschienen sind.
Die Ergebnisse aus dem zeitlichen Vergleich zeigen, dass 2019 im Allgemeinen keine stärkere Personalisierung der Spitzenkandidat*innen stattfand – diese waren weder sichtbarer noch wurden sie personalisierter als im Jahre 2014 dargestellt. Auch blieben die transnationalen Unterschiede bestehen, die Berichterstattung im Vereinigte Königreich schenkte den Kandidat*innen weitaus weniger Beachtung als in Deutschland.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Tageszeitungen in beiden untersuchten Ländern ihrer Aufgabe, die Bürger*innen über die einzelnen Spitzenkandidat*innen – und somit auch über potentielle Kommissionspräsident*innen – zu informieren, weder bei der Europawahl 2014 noch bei der im Jahre 2019 in angemessenem Maße nachgekommen sind.