Die Ergebnisse von diversen Mediennutzungsstudien weisen daraufhin, dass User*innen bei Online-Medien ein anderes Rezeptionsverhalten aufzeigen als bei Print-Medien. Anstelle des linearen, gründlichen Rezipierens ist online ein oberflächliches „Scannen“ der journalistischen Angebote getreten. Um das Interesse der Nutzer*innen dennoch zu gewinnen und zu halten, reagiert der Online-Journalismus daher verstärkt mit dem Einsatz innovativer Darstellungsformen sowie Erzähltechniken wie Storytelling. Beides soll komplizierte, nüchterne Themen attraktiver und verständlicher machen.
Mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse wurde anhand von zwei Multimedia-Reportagen des Nachrichtenportals SPIEGEL ONLINE, sogenannten „Leuchtturmprojekten“ aus dem Jahr 2016, untersucht, welche Bedeutung multimodales, interaktives Storytelling im Online-Journalismus hat, in welchen Formen und Medienmodi es sich manifestiert und welche spezifischen Funktionen es erfüllt.
Die Analyse zeigt, dass Storytelling in Themen, die nicht oder nur bedingt das tagesaktuelle Nachrichtengeschäft betreffen, in großem Umfang verwendet wird. Der Fokus lag dabei auf den Protagonist*innen und damit verstärkt der Emotions- und Spannungserzeugung sowie der Teilhabe der Rezipient*innen an der Story. Größtenteils kamen hierbei die Standard-Medienmodi Text, Bild und Video zum Einsatz, wobei die audiovisuellen Elemente eher der Segmentierung des Inhalts in übersichtliche, abwechslungsreiche Module und weniger dem vertieften Beitragsverständnis dienten. Die nur marginal vorhandenen interaktiven Formen wie Satellitenkarten oder 360-Grad-Videos zeigen, dass im Bezug auf innovative Darstellungsformen kein einheitlicher Standard in der Arbeitsweise existiert. Die technisch mangelhafte Qualität weist darauf hin, dass der Online-Journalismus bei der Verwendung multimodaler, interaktiver Elemente noch am Anfang steht und sie bislang eher zur Verstärkung und Visualisierung der Texte sowie zur Authentifizierung der Inhalte nutzt.