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Nationale Stereotypisierungen in der Berichterstattung des Profi-Fußballs

Eine Untersuchung anhand der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018

Multinationale Sportgroßveranstaltungen produzieren durch ihre kompetitive Natur zwangsläufig diskursive Arenen von Kollektivzuschreibungen und -abgrenzungen. Nicht selten äußern sich diese in nationalistischer Stereotypisierung. Gleichzeitig sind die Formen und Häufigkeiten dieser Bezugnahme abhängig von einem historischen Kontext. Die vorliegende Arbeit ist eine Bestandsaufnahme des Einsatzes und der Formate nationaler Stereotype in der deutschen Sportberichterstattung anhand der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland.

Im Anschluss an Studien zu nationalen Stereotypen bei vorangegangenen FIFA Fussball-Weltmeisterschaften widmet sich die empirische Untersuchung den Zuschreibungen und Grenzziehungen, die in der Medienlandschaft Deutschlands Verwendung finden. Entlang einer quantitativen Inhaltsanalyse der fünf auflagenstärksten deutschen Tageszeitungen zeigt sich hierbei, dass nationale Stereotype in der deutschen Printberichterstattung zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018 eine marginale Rolle spielen. Vielmehr bestehen die Narrative zunehmend aus realspielerischen Motiven und fußballerischen Attributen von Einzelakteuren – eine Tendenz, die sich bereits in vorangegangenen Untersuchungen abzeichnete.

Auf der Basis einer interdisziplinären Vorgehensweise unter Vermittlung kommunikationswissenschaftlicher und ethnographischer Konzepte zu nationaler Stereotypisierung, ihren Formen, Dynamiken und Funktionen wird die Notwendigkeit der Differenzierung von distinkten Gruppen und Gegnerschaften im Sport diskutiert, welche den Nährboden für den vielfältigen Einsatz nationaler Stereotype bildet. Im Auswertungsteil zeigt sich, dass Mannschafts- und Spieldeskriptionen sowie ihre Bewertungen heute – anders als ehemals – losgelöst von nationalen Denkmustern illustriert werden. Vielmehr werden durch die Fokussierung auf Charaktere und Spielweisen von Einzelakteuren komplexitätsreduzierende Typisierungen einer Mannschaft als homogenes Kollektiv vermieden. Schließlich wirft die Arbeit mit ihren Ergebnissen einen hoffnungsvollen Blick auf die Tendenzen und Strategien der Abkehr oder sukzessiven Minimierung von nationalen Stereotypen in der deutschen Printberichterstattung des Profifußballs.