transfer 25(2) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Nachrichtenvielfalt in Suchmaschinen

Angebot, Nutzung, Wirkungen

Suchmaschinen sind in der heutigen Zeit ein beliebter Kanal zur politischen Information und Meinungsbildung. In ihrer Gatekeeper-ähnlichen Rolle selektieren sie Netzinhalte und bereiten diese nach Relevanz sortiert und personalisiert in einem Ranking auf. Es ergibt sich also aus ihrer Funktion, dass Suchmaschinen die potenziell verfügbare Vielfalt von Stimmen und Themen eingrenzen. Sie lenken somit die Aufmerksamkeit der Nutzer und bestimmen darüber, welche Informationen diesen zur Verfügung stehen. Die dabei angelegten Relevanzkriterien unterscheiden sich jedoch grundlegend von denen journalistischer Medien: Statt gesellschaftlicher Relevanz geht es um individuell angepasste Inhalte. Die Auseinandersetzung mit fremden Sichtweisen ist aber ebenso wie ein grundlegendes gesellschaftsrelevantes Wissen die Basis einer Demokratie. Ihre Meinungsbildungsrelevanz verlangt es daher, auch an Suchmaschinen – allen voran dem unangefochtenen Marktführer Google – einen gewissen Anspruch nach Vielfalt zu stellen.

Diese Bachelorarbeit untersucht darum die Nachrichtenvielfalt in Suchmaschinen hinsichtlich der Aspekte Angebot, Nutzung und Wirkungen. Sie geht dabei folgenden drei Forschungsfragen nach: Wie vielfältig sind Suchergebnisse zu aktuellen, gesellschaftlich relevanten Themen? Inwieweit wird diese Vielfalt durch die Suchenden wahrgenommen und genutzt? Welche Wirkungen zieht die Ko-Selektion durch Algorithmen und Nutzer nach sich? Dazu wurden 18 empirische Studien mit vielfältigen Ansätzen und unterschiedlicher zeitlicher und örtlicher Herkunft ausgewertet.

Das Ergebnis der Untersuchung gibt zumindest bedingt Anlass zur Sorge um die Nachrichtenvielfalt in Suchmaschinen. Eine Verzerrung des Suchangebots zugunsten der Interessen und Einstellungen der Nutzer geht nicht aus den betrachteten Studien hervor, wenngleich eine Handvoll besonders reichweitenstarker Angebote die vorderen Suchergebnisse dominiert. Problematischer erscheint das Nutzerverhalten: Meist wird einer der ersten Treffer ausgewählt, das restliche Angebot wird in den seltensten Fällen berücksichtigt. Das Zusammenspiel aus Nutzer- und algorithmischer Selektion führt somit dazu, dass Mainstream-Inhalte immer populärer werden und sich das Ranking verfestigt. Alternative, weniger reichweitenstarke Angebote haben in dieser Dynamik kaum eine Chance, wahrgenommen zu werden. Die Gefahr der Radikalisierung, Polarisierung oder Fragmentierung aufgrund der Suchmaschinennutzung ist nach derzeitigem Stand nicht abzusehen. Das Potenzial birgt die algorithmisch personalisierte Suche jedoch mit Sicherheit. Hier gibt es dringenden Bedarf an weiterführenden Studien, wobei diese Arbeit als Ausgangspunkt dienen kann.