transfer 11(1) » Mediengeschichte

Nachrichtenparadigma nur durch Nachhilfe?

Eine Untersuchung dreier Berliner Tageszeitungen zwischen 1887 und 1931

Die Untersuchungsmethode dieser Arbeit ist die Inhaltsanalyse, deren Kategorien auf den Elementen des ‚angelsächsischen Nachrichtenparadigmas‘ basieren. Untersuchungsobjekte sind drei weitgehend unabhängige und innovative Berliner Tageszeitungen unterschiedlichen Typs von verschiedenen Großverlagen: ‚Berliner Tageblatt‘ (Mosse, seriöse Tageszeitung), ‚Berliner Zeitung/B.Z. am Mittag‘ (Ullstein, ab 1904 Boulevard-Blatt) und ‚Berliner Lokal-Anzeiger‘ (Scherl, General-Anzeiger). In die Betrachtung geht jeweils ein Exemplar der Jahrgänge 1887, 1896, 1906, 1911, 1921 und 1931 ein.

Entgegen der Ansicht einiger Wissenschaftler zeigt die Arbeit, dass das ‚angelsächsische Nachrichtenparadigma‘ in Deutschland vor 1945 bereits ansatzweise existierte; es war aber noch nicht vollständig etabliert. Von den fünf Elementen des Nachrichtenparadigmas – „Ereignis“, „Nachrichtenfaktoren“, „Nachrichten-Interview“, „umgekehrte Pyramide“ und „journalistische Objektivität“ – können in weitgehend unabhängigen, mit dem primären Ziel ‚finanzieller Gewinn‘ gegründeten und innovativen Zeitungen das Ereignis und die Nachrichtenfaktoren als Standard in der damaligen Berichterstattung gelten.

Darüber hinaus befand sich die Wiedergabe in Form der umgekehrten Pyramide in den 1920-er und 1930-er Jahren deutlich in der Entwicklung. Nachrichten-Interviews hingegen wurden offenbar selten geführt und die journalistische Objektivität erscheint insgesamt eher vernachlässigt.