Die Arbeit reflektiert die nazistische Musikkritik in Österreich, welche am Materialobjekt der Musikbetrachtung der Wiener Ausgabe des Völkischen Beobachters analysiert wird. Als theoretische Hintergrundfolie figurieren die von Rüsen konzipierten historiographischen Überlegungen, die Reflexionen über totalitäre Systeme von Hannah Arendt, die von Adorno/Horkheimer inaugurierte Kritische Theorie. Der methodische Werkzeugkasten für die qualitative Analyse der nazistischen Musikberichterstattung konstituiert sich duch die von Foucault philosophisch skizzierte und von Jäger weiterentwickelte Kritische Diskurs- und Dispositivanalyse. Offengelegt werden Diskursstränge, welche als Wegbereiter und Stichwortgeber für den nationalsozialistischen Ideenbrei, für die NS-Kunst- und Musikideologie fungierten: v.a. Richard Wagner, der Bayreuther Kreis, die sog. Konservative Revolution. Exemplifiziert an den Musikbetrachtungen im Zuge der Okkupation Österreichs durch den NS-Staat und der für die NS-Musikideologie konstitutiven Dichotomie zwischen ‚entarteter Musik‘ und ‚NS-Musik‘ wird versucht, Strukturmerkmale der NS-Musikpublizistik zu durchleuchten. Diese sind u.a.: die Generierung kultureller Hegemonität, getragen vom Primat des Politischen als totalitäre Definitionsmacht von Kunst und Musik, welche weitgehend ex negativo determiniert wurden; die Konzeption bipolarer Interpretationsmuster; liquidatorischer Reinigungszwang; Instrumentalisierung von Massenkultur und Hochkultur.
Musik und Publizistik im Nationalsozialismus
Eine Analyse nazistischer Kunst- und Musikideologie anhand der 'Musikbetrachtung' in der Wiener Ausgabe des Völkischen Beobachters