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Moderne Passionsspiele im öffentlichen Diskurs

Eine vergleichende Analyse der publizistischen Kontroversen über die Filme „Das Leben des Brian“, „Die letzte Versuchung Christi“ und „Die Passion Christi“

Bereits die Gebrüder Lumière knüpften an der Passionsspieltradition an und verarbeiteten in
„LA VIE ET LAS PASSION DE JESUS-CHRIST“ (F, 1897) den Stoff der Heilsgeschichte. Damit legten sie
den Grundstein für jenes Genre, das gemeinhin als Jesusfilm bezeichnet wird. Seit dem
entstanden über 150 Filme, die sich jeweils vor dem zeithistorischen Hintergrund mit dem
Leben Jesu auseinandersetzten. Von Interesse in dieser Arbeit sind jedoch keineswegs allein die Entstehungsbedingungen und Hintergründe von Gibsons „PASSION“ (USA, 2004) oder Monty Pythons „LIFE OF BRIAN“ (GB, 1979), sondern insbesondere die medial ausgetragenen Kontoversen, die diese Werke entfesselten.
Bei der Frage, welche Rolle Medien bei der Tradierung von Wissen, der gemeinsamen Erinnerung und der Ausbildung von Identitäten spielen können, begleitet der theoretische Ansatz des „kulturellen Gedächtnis“ nach Assmann. Methodisch ist die Arbeit an der kritischen Diskursanalyse orientiert. Vom Bildverbot über Antijudaismus und dem Karikaturenstreit spannt sich der Bogen zur Medienpraxis und deren Wandel, der Vermarktung von Filmen und Qualitätskriterien im Journalismus. So ließ sich etwa nachweisen, dass „LIFE OF BRIAN“ 1979/80 keineswegs mit jener Gelassenheit aufgenommen wurde, wie dies im Zusammenhang mit den Mohamed-Karikaturen häufig behauptet wird. Ferner lässt sich der Übergang zur Mediengesellschaft zu Beginn der Achtzigerjahre verorten. Dieser äußert sich darin, dass Kulturthemen auf eine Reihe rasanter medientechnischer Entwicklungen trafen, die im Bereich des Jesusfilms – gepaart mit abnehmenden kirchlichen Bindungen – zu einem Verlust der alleinigen Deutungshoheit kirchlicher Institutionen führten.