Innerhalb von Redaktion gibt es häufig Abläufe, die von einer objektiven Auswahl der Artikelvorschläge weit entfernt sind. Meist entscheidet das Votum der Vorgesetzten. Aber auch unter Gleichgestellten, im Kollegenkreis, kann ein Konformitätsdruck entstehen, dem unterzuordnen oder auszuweichen der Einzelne sich gezwungen sieht. Die Arbeit untersucht Empfinden, Funktionsweise und Auswirkungen dieses Drucks. Als Bezugsrahmen dient die systemtheoretische Redaktionsforschung, erweitert durch soziologische Forschung zum Phänomen der Konformität in Gruppen. Mittels anonymisierter, qualitativer Befragungen von Journalisten bei Tageszeitungen konnten die Kernfragen beantwortet werden.
Es zeigte sich, dass die Persönlichkeit des Redakteurs, der in einer Konferenz ein Thema vorschlägt, einen großen Einfluss auf den Erfolg des Vorschlags hat. Rhetorische Fähigkeiten, eine lange Betriebszugehörigkeit, geschicktes Auftreten und Beliebtheit erhöhen seine Chancen – auch wenn diese Eigenschaften mit der Qualität des Themas in keinerlei Zusammenhang stehen. Die meisten Journalisten empfinden einen leichten Konformitätsdruck, haben aber bereits Strategien entwickelt, um ihn zu umgehen. Wer sich jedoch antikonform verhält und ständig gegen die Mehrheitsmeinung der Kollegen stellt, wird als Quertreiber gesehen. Unbeliebtheit und schlechtere Chancen bei der Themenplatzierung sind die Folge. Durch diese Mechanismen in der Konferenz verändert sich auch die Zeitung als Endprodukt.
Meinungsmache unter Meinungsmachern
Eine Untersuchung des Konformitätsdrucks in Redaktionen anhand von qualitativen Leitfadeninterviews