Wer früher einer Zeitung etwas mitteilen wollte, der griff zu Stift und Papier und verfasste einen Leserbrief. Lange Zeit war dies für die Rezipienten die einzige Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit den Medien. In Zeiten des Web 2.0 steht den Rezipienten jedoch plötzlich eine Vielzahl an wechselseitigen Kommunikationswegen offen. Damit könnte sich die traditionell von Einseitigkeit geprägte Beziehung zwischen Massenmedien und Rezipienten grundlegend wandeln.
Die vorliegende Studie untersucht Leser-Kommentare in Hinblick auf die Frage, ob diese eher als die Leserbriefe dazu beitragen, dass sich die Kommunikation zwischen Rezipienten und Journalisten wechselseitig gestaltet. Dazu wurden in einer quantitativen Inhaltsanalyse 1390 Kommentare zu Artikeln auf den Internetseiten von sechs deutschen Printmedien untersucht.
Das Bild, das diese Untersuchung von den Leser-Kommentaren zeichnet, ist ambivalent. Meist wird in den Kommentaren nicht sachlich Argument gegen Argument abgewogen. Viele Kommentatoren geben eher auf emotionale Weise ihre Meinung wieder. Die Leser treten auch meist nicht in einen Dialog miteinander. Viele ihrer Äußerungen beziehen sich auf den jeweiligen Artikel, nur wenige Beiträge beziehen sich auf die Kommentare anderer. Die Meinungsäußerungen scheinen also eher monologischen als dialogischen Charakter zu haben, wechselseitige Kommunikation findet so gut wie nicht statt. Es melden sich auch keine Journalisten zu Wort.