transfer 8(3) » Mediengeschichte

Kurt Tucholskys Journalismuskritik

"Kritik als Berufsstörung"

Die Presse habe einen Fehler, und zwar zu wenig von sich selbst und ihren Fehlern zu sprechen, spottet Kurt Tucholsky und tut das Seinige, dem Abhilfe zu schaffen. In zahlreichen seiner gut 3000, meist selbst journalistischen Texte setzt er sich mit der Presse und den ‚Schmöcken‘ auseinander. Die Diplomarbeit hat sich zum einen zum Ziel gesetzt, in einer biographischen und pressehistorischen Darstellung die bisher vernachlässigte journalistische Hälfte des ‚Dichterjournalisten‘ Tucholsky näher zu beleuchten. Zum anderen versucht sie, auf Basis der zeitungswissenschaftlichen Theorie in einer deskriptiv-hermeneutischen Analyse des journalistischen und literarischen Werks herauszufinden, welche Missstände im zeitgenössischen Pressewesen Tucholsky wie problematisiert. Seine differenzierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufsfeld spielt sich auf mehreren Ebenen ab – von der externen Ebenen der Inserenten und Leser, über die institutionelle Ebene der Verlage bis hin zu jener journalistischen Handelns und seiner Akteure. Im Zuge einer ‚Kritik der Kritik‘ werden die normative Forderungen zum historischen Hintergrund sowie dem eigenen Werk und Wirken in Relation gesetzt. Hier zeigt sich, dass Tucholsky mitunter an den eigenen Ansprüchen scheitert und scheitern muss. Mit der Selbstkritik als eigentlichem Movens seiner Verhandlung mit dem Journalismus greift er, wie er sagt, in „kleinen Akten der Selbstzerstörung“, letztlich den Anderen als Stellvertreter seiner selbst an.