Seit April 1999 gibt es einen neuen Trend im deutschen Nachmittagsprogramm: Gerichtsshows. In den Augen zahlreicher Juristen sind die dortigen Darstellung fern der Realität und präsentieren dem Zuschauer ein völlig falsches Bild vom Alltag an deutschen Gerichten.
Die vorliegende Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, einen ersten Beitrag zur Beantwortung der Frage nach möglichen Effekten der Gerichtsshow-Nutzung zu leisten. Dazu wurde im Rahmen einer Kultivierungsanalyse eine Befragung unter n=382 Studierenden durchgeführt, bei der die beiden zentralen Fragestellungen nach verbrechens- und gerichtsbezogenen Kultivierungseffekten im Mittelpunkt standen. Als intervenierende Variablen wurden wahrgenommene Realitätsnähe, persönliche Erfahrungen und Nutzungsmotive der Rezipienten berücksichtigt.
Während sich die Nutzer von Gerichtsshows in ihren Einschätzungen über Kriminalität und Verbrechen nicht von Nichtnutzern des Formats unterscheiden, zeigen sich vereinzelt Kultivierungseffekte bei den Vorstellungen vom Ablauf einer Gerichtsverhandlung. Teils deutliche Effekte zeigen sich für die intervenierenden Variablen. So ist für die Entstehung gerichtsbezogener Kultivierungseffekte nicht die absolute Nutzungshäufigkeit entscheidend, sondern die Beurteilung der gesehenen Inhalte als realitätsnah. Auch führt die häufige Rezeption von Gerichtsshows nur bei denjenigen Studierenden zu Kultivierungseffekten, die selbst noch nie bei Gericht waren.
Kultivierung durch Gerichtsshows
Eine Studie unter Berücksichtigung von wahrgenommener Realitätsnähe, Nutzungsmotiven und persönlichen Erfahrungen.