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Joseph Weißenberg im medialen Diskurs

Qualitative Frame-Analyse zur Berichterstattung über Joseph Weißenberg und die Johannische Kirche zwischen 1926 und 1935

Joseph Weißenberg gehört zu den schillerndsten Persönlichkeiten im Berlin der Weimarer Republik: Die einen verehrten den Religions- und Sozialreformer als Propheten und Heiler, die anderen sahen in ihm einen Schwindler und Sektenführer. Soziale Konflikte fanden in ihm eine konzentrierte Darstellung, der Kampf um die Deutungshoheit seiner Person wurde auch in der Presse geführt. Eine qualitative Frame-Analyse sollte die Person und sozialen Konflikte der damaligen Zeit ergründen.

Die Arbeit beruft sich auf den Frame-Begriff von Robert Entman (1993), weiterentwickelt durch Constanze Jecker (2014). Mit einer Stichprobe von 25 Artikeln im Zeitraum zwischen 1926 und 1935 – der Zeit Weißenbergs größter Bekanntheit – wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt, in der die Frame-Elemente Problembeschreibung, -ursache, -intervention und Moralische Beurteilung raus gefiltert und zu Frames zusammengesetzt wurden.
Bis etwa 1930 konkurrieren die Frames „Der göttliche Meister“ und „Der gemeingefährliche Schwindler“. Anhänger und Gegner Weißenbergs lieferten sich einen polemischen Kampf. Ab 1930 kam mit dem Frame „Der christliche Siedlungsbauer“ sachlichere Berichterstattung dazu. Weißenberg hatte begonnen eine genossenschaftlich-christliche Siedlung zu bauen und konnte beachtliche Erfolge vorweisen. Ab 1933 setzt sich der einzelne Frame „Der staatsgefährdende Sittlichkeitsverbrecher“ durch. Das NS-Regime hängte Weißenberg ein Sittlichkeitsverbrechen an, um ihn zu diskreditieren.