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I’m Not Bossy, I’m the Boss – Frauen in den Public Relations

Eine Literatursynopse der wissenschaftlichen Literatur zum Thema Feminisierung der PR ab dem Jahr 2000 zur Ableitung von Ursachen und Lösungsansätzen gegen die geschlechtsspezifischen Probleme von Frauen in den Public Relations

Weibliche Praktiker sind im internationalen Public Relations-Berufsfeld zahlenmäßig das überlegene Geschlecht – und das bereits seit mehreren Jahrzehnten. Umso erstaunlicher erscheinen die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse, dass Frauen wesentlich seltener Führungspositionen im PR-Bereich bekleiden und selbst auf derselben hierarchischen Ebene noch schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. In der Öffentlichkeitsarbeit existieren geschlechtsspezifische Probleme, mit denen sich die meisten Praktikerinnen im Laufe ihrer Karriere auseinandersetzen müssen.

Doch wie kann die nachteilige Situation von weiblichen Beschäftigten in Zukunft verbessert werden? Dieser Frage widmet sich die vorliegende Literatursynopse, indem sie nach möglichen Ursachen und Lösungen für die geschlechtsspezifischen Probleme von Frauen in der Öffentlichkeitsarbeit sucht und diese kritisch reflektiert. Die Basis der Analyse bilden wissenschaftliche Beiträge zur PR-Feminisierungsforschung ab dem Jahr 2000, die anhand der darin vorzufindenden Argumentation in fünf unterschiedliche Forschungsperspektiven unterteilt werden: liberal-feministisch, radikal-feministisch, kritisch-feministisch, (de)konstruktivistisch-feministisch und post-feministisch.

Ein Gesamtvergleich aller Lösungsansätze zeigt, dass die meisten immer noch primär die Frauen selbst in die Verantwortung nehmen. Da viele der Lösungen auf Befragungen von männlichen und weiblichen Public Relations-Beschäftigten basieren, wird die in der Praxis anhaltende Überzeugung deutlich, dass Frauen ihre nachteilige Situation in der Branche selbst zu verantworten haben. Diese Ansicht ist besonders deshalb verwunderlich, da mittlerweile immer mehr PR-Forscher in ihren wissenschaftlichen Arbeiten die Auffassung vertreten, dass ein Wandel der Bedingungen von weiblichen Beschäftigten nur durch ein Zusammenwirken von Gesellschaft, Unternehmen und Praktikern möglich wird.

Es scheint daher so, als ob die Forschungserkenntnisse nicht in ausreichendem Maß in der Public Relations-Praxis angekommen sind. Zukünftig sollten in der Öffentlichkeitsarbeit daher vermehrt Lösungswege betrachtet werden, die die Gesellschaft und die Unternehmen betreffen und die Verantwortung nicht lediglich auf die weiblichen Beschäftigten im Feld übertragen.

Besonders ein grundsätzliches Problembewusstsein über die nachteilige Position von Frauen in der PR-Branche gilt als erster Schritt in Richtung Verbesserung. Dabei ist wiederum sowohl ein Bewusstsein bei den Praktikerinnen selbst als auch auf organisationaler und gesellschaftlicher Ebene erforderlich.