Dass Rezipienten mit Inhalten fiktionaler Filme sehr tolerant umgehen und sich von erkennbar unrealistischen oder auch unlogischen Inhalten kaum in ihrem Filmgenuss stören lassen, ist immer wieder zu beobachten. Das dahinter stehende Phänomen ist aber weitestgehend unerklärt und bisher kaum untersucht.
Aufbauend auf Erkenntnissen über die Verarbeitung von Text- bzw. Filminhalten, der historischen Verwendung des Begriffs Suspension of Disbelief, Informationsverarbeitungsansätzen und der Perceived-Reality-Forschung wird im Theorieteil eine Toleranztheorie für die Filmrezeption entwickelt. In ihrem Rahmen werden drei Verarbeitungsweisen unterschieden: eine unkritische (Belief), eine tolerante (Suspension of Disbelief) und eine kritische (Disbelief). Alle drei Verarbeitungsweisen beziehen sich inhaltlich auf die Realitätsnähe und Konsistenz von fiktionalen Filminhalten. Der Übergang zwischen den drei Verarbeitungsweisen, ihre Rahmenbedingungen, moderierende Faktoren und Wirkungen werden modelliert.
Im empirischen Teil werden mittels einer Befragung zunächst Skalen zur Messung dieser Verarbeitungsweisen entwickelt. Die Ergebnisse zweier Experimente, in denen die Konsistenz und der Grad der Wirklichkeitsnähe des Gezeigten variiert werden, zeigen, dass Rezipienten bei fiktionalen Filmen grundsätzlich unrealistische und inkonsistente Aspekte im Film wahrnehmen. Allerdings bewirken offensichtlich nur starke Verletzungen von Wirklichkeitsnähe oder Konsistenz einen Verlust der Toleranz.
Grenzen der Fiktion?
Von Suspension of Disbelief zu einer Toleranztheorie für die Filmrezeption