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Gleiche Chancen oder Bias?

Die Ausgewogenheit der redaktionellen Parteienberichterstattung in der deutschen Presse

Um im politischen System der BRD am Willensbildungsprozess teilnehmen zu können, sind Parteien auf die massenmediale Öffentlichkeit angewiesen. Die Arbeit versucht, die in §5 PartG geforderte Chancengleichheit auf die mediale Sichtbarkeit von Parteien zu übertragen und leitet aus der Literatur ein proportionales, sich an der Bedeutung der jeweiligen Partei orientierendes Ausgewogenheitsmodell ab. Es soll empirisch untersucht werden, inwiefern und warum die Berichterstattungsumfänge von den realen Kräfteverhältnissen abweichen. Dadurch wird die den politischen Wettbewerb ermöglichende publizistische Chancengleichheit und Ausgewogenheit überprüft. Basis ist eine computergestützte quantitative Inhaltsanalyse (Thematisierungsanalyse) der deutschen überregionalen Qualitätszeitungen „taz“ und „Welt“ (n=1838). Zur Bestimmung der Bedeutung einer Partei dienen die Sitzverteilung im Bundestag und die Ergebnisse der Sonntagsfragen. Als Erklärungsgrundlage für die oben beschriebene Abweichung werden Befunde der Nachrichtenwertforschung herangezogen. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass sich insbesondere die Regierungszugehörigkeit (Nachrichtenfaktoren Bedeutsamkeit und Prominenz) sowie teilweise der Status als Kleinpartei mit eher extremen Positionen (Nachrichtenfaktor Überraschung) positiv auf den Berichterstattungsumfang auswirken. Demgegenüber ist für das Überschreiten eines Schwellenwertes (z.B. durch Einzug in Landesparlamente) kein nennenswerter Einfluss nachweisbar.