Geschehnisse wie jene in Kandel (2017) oder Chemnitz (2018) sind Beispiele dafür, wie Tötungsdelikte aufgrund der Nationalität von Tatverdächtigen und Opfern Teil der gesellschaftspolitischen Debatte um Zugehörigkeit in Deutschland wurden. Begleitet wurden diese Fälle durch eine enorme Aufmerksamkeit der (Massen-)Medien. Die Betonung der Herkunft von Tatverdächtigen kann beim Publikum eine Verbindung zwischen Nationalität und Täterschaft hervorrufen. So können Stereotype wie das des „kriminellen und gefährlichen Ausländers“ evoziert bzw. gefestigt werden.
In dieser Arbeit wurde deshalb untersucht, wie in den einfluss- und reichweitenstärksten deutschen Onlinemedien (SZ.de, Spiegel Online, Bild.de, t-online.de, Welt.de) über Tötungsdelikte berichtet wird. Die zentrale Fragestellung war: Gibt es Unterschiede in der Berichterstattung, je nachdem, ob der Täter Deutscher oder Ausländer ist? Um diese Frage zu beantworten wurde vor dem Hintergrund medialer Stereotypenforschung sowie des Framing-Ansatzes eine quantitative Inhaltsanalyse durchgeführt. Untersuchungsgegenstand waren 186 Artikel aus dem Zeitraum März bis April 2019. Dabei wurden sowohl die Struktur, als auch die Art und Weise der Berichterstattung untersucht.
Die Befunde der Studie zeigen, dass die Nationalität in der Berichterstattung über ausländische Täter eine wichtige Rolle spielt: 39% der Tatverdächtigen wurden als Ausländer identifiziert, jedoch nur 7% als Deutsche. Ein Vergleich mit der polizeilichen Kriminalstatistik bildet einen repräsentativen Anteil ausländischer Tatverdächtiger ab, Deutsche sind jedoch stark unterrepräsentiert. Zudem wurde über Taten von Ausländern und Zuwanderern ausführlicher berichtet. Diese Fälle wurden allerdings nicht prominenter dargestellt, als Taten von Deutschen. Mit Hilfe einer hierarchischen Clusteranalyse wurden in den untersuchten Artikeln vier Frames ermittelt. Die beiden größeren Cluster beschreiben allgemeine Frames, welche die Arbeit der Polizei bzw. der Justiz thematisieren. Daneben wurden zwei seltener vorkommende Frames identifiziert, die den Täter als psychisch Kranken bzw. die Tat als Angriff darstellen. Zwischen dem Framing deutscher und ausländischer Tatverdächtiger konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Auch zwischen den einzelnen Medienangeboten gab es keine Unterschiede, weder die Struktur, noch das Framing der Berichterstattung betreffend.