Seit 1954 finden in strenger Abgeschiedenheit in Luxusherbergen die dreitägigen Bilderberg-Konferenzen zwecks Gedankenaustauschs zwischen Nordamerika und der westlichen Welt statt. Seitdem treffen sich rund 130 Personen aus unterschiedlichen hochrangigen und elitären Positionen aus den Bereichen Wirtschaft, Finanzwelt, Militär, Geheimdienste, Wissenschaft, Adel, Politik und darüber hinaus aus der Medienwelt. Sogenannte Alphajournalisten sind unter anderem Teilnehmer, aber auch im Lenkungsausschuss verantwortlich dafür, wer zu den Konferenzen eingeladen und wie die Themenagenda gestaltet wird.
Ziel der kommunikationswissenschaftlich bisher kaum beachteten Bilderberg-Konferenzen ist es, Konsens über höchst relevante Fragestellungen gesellschaftlicher, ökonomischer, geopolitischer oder militärischer Natur zu erlangen. Ein zentrales Merkmal ist ihre Geheimhaltung. So schweigen sich Massenmedien darüber aus, was auf den – demokratisch nicht legitimierten – Konferenzen besprochen wurde. Die forschungsleitende Frage lautet: Warum kommt es zu einer massenmedialen Nichtberichterstattung über die Bilderberg-Konferenzen bei gleichzeitiger Involviertheit von Medienvertretern? Methodisch liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf einer theoriegeleiteten Herangehensweise. Ergänzend wurden zwei Leitfadeninterviews als Rechercheinterviews mit wissenschaftlichen Experten (dem Kommunikationswissenschaftler Uwe Krüger und dem Soziologen Björn Wendt) geführt und zwei Fallbeispiele (die Rolle des langjährigen Zeit-Journalisten Theo Sommer als Person und der Financial Times als Organisation) zur Illustrierung der Befunde untersucht.
Der Aufbau der Arbeit spiegelt die Positionen der Außen- und Innenperspektive wider, d. h. es wird das Handeln der nichtteilnehmenden und teilnehmenden Journalisten untersucht. Hierzu werden die ermittelten Fakten mit journalistischen Normen und theoretischen Ansätzen abgeglichen. Es zeigt sich aus der Außenperspektive allenfalls eine wahrgenommene Nichtberichterstattung. Die hauptsächliche Berichterstattung erstreckt sich allerdings auf die Beschreibung der Eckdaten des jährlichen Events – und dies ist ganz im Sinne der Bilderberg-Organisation, die unter Verweis auf die sog. Chatham-House-Rule nach wie vor größtmögliche Intransparenz bevorzugt. Es wird gezeigt, dass die Frage, ob hier Normen eines „gesunden“ Journalismus verletzt sind, berechtigt ist. Noch weitreichender sind die Erkenntnisse in Bezug auf die Innenperspektive. Anhand von konkreten Kriterien, wie machterhaltenden Strategien, kann eine starke Involviertheit der teilnehmenden Journalisten nachgewiesen werden, die sich in einem Spannungsfeld von komplexen Loyalitätsanforderungen befinden.