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Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Zeitungsberichterstattung

Ob Gebührenfinanzierung, Fernsehwerbung oder Teletext: Seit den 1950er-Jahren entzünden sich zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Printmedien immer wieder medienpolitische Konflikte. Stets steht dabei der Vorwurf im Raum, ARD und ZDF würden den Wettbewerb verzerren und die ökonomische Geschäftsgrundlage der Zeitungen zerstören. Die Digitalisierung und die zunehmende Konvergenz des Medienbereichs lassen diesen Konflikt derzeit in neuer Form aufleben. Da die ursprünglichen Grenzen der Medien verschwinden, sehen sich Print und Rundfunk zunehmend in ihrem Selbstverständnis bedroht und konkurrieren im Internet um denselben Markt. Exemplarisch für diese neue Form des Konflikts steht der Gerichtsstreit um die Tagesschau-App. Acht Zeitungsverlage verklagten den NDR, da die App ihrer Meinung nach gegen das Verbot der Presseähnlichkeit verstößt. Den folgenden Gerichtsstreit konnten die Verleger nach mehreren unterschiedlichen Urteilen schließlich für sich entscheiden.

Auf dieser theoretischen Grundlage wird untersucht, ob Medien ihre Berichterstattung über Konflikte, von denen sie selbst betroffen sind, zugunsten ihrer eigenen ökonomischen Interessen verzerren. Konkret wird die Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) herangezogen, deren Verlag im Tagesschau-App-Konflikt selbst als Kläger auftrat. Aus dem Zeitraum zwischen Dezember 2009 und Januar 2018 wird eine Stichprobe aus 19 FAZ-Artikeln gezogen, die den Online-Konflikt mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk thematisieren. In der Arbeit wird eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt, um potenzielle inhaltliche Verzerrungen in der Berichterstattung zu identifizieren. Mithilfe des Framing-Ansatzes werden hierbei Frame-Elemente in den Artikeln aufgeschlüsselt, zu einem Frame zusammengesetzt und anhand von Textbeispielen veranschaulicht.

Die Ergebnisse der empirischen Analyse legen nahe, dass die FAZ ihre Berichterstattung genutzt hat, um die Deutungshoheit über das Thema zu erlangen. Die Framing-Analyse konnte nachweisen, dass die FAZ mehrheitlich Frames genutzt hat, die den eigenen Argumentationsmustern entsprechen, während die Interpretationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks größtenteils ignoriert wurden. Die Zeitung hat somit ihre Berichterstattung massiv zugunsten der eigenen Position verzerrt und den öffentlichen Diskurs im Tagesschau-App-Konflikt eingeengt.