Ziel der Arbeit ist es, eine Perspektive für die Erforschung von Diaspora-Medien zu erschließen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach Konstruktionen kollektiver diasporischer Identität. Identitätskonstruktionen werden verstanden als Ergebnis von Identitätspolitik. Sie setzen sich zusammen aus Selbstbild- und Fremdbildkonstruktionen. Erarbeitet wird diese Forschungsperspektive am Beispiel der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ (DAZ), der Wochenzeitung der Russlanddeutschen Kasachstans. Mit einer Inhaltsanalyse wird herausgearbeitet, wie dort eine kollektive Identität der Russlanddeutschen konstruiert wird.
Identitätskonstruktionen in der DAZ sind das Ergebnis dreier Identitätspolitiken. Erstens zeigt sich eine Identitätspolitik der Republik Kasachstan: Sie ist auf die Legitimation Kasachstans als multiethnischer Nationalstaat gerichtet. Zweitens zeigt sich eine Identitätspolitik der russlanddeutschen Organisation „Wiedergeburt“: Sie zielt auf eine Abgrenzung der Russlanddeutschen gegenüber Russland und auf ihre Integration in Kasachstan. Drittens zeigt sich eine Identitätspolitik der Bundesrepublik Deutschland: Sie ist um eine Neuerfindung der Russlanddeutschen als Vermittler zwischen Deutschland und Kasachstan bemüht. Die drei Identitätspolitiken haben das gemeinsame Interesse, den Bleibewillen der Russlanddeutschen in Kasachstan zu stärken.