Dexter Morgan, Walter White, Joe Goldberg. Diese drei Charaktere haben nicht nur gemein, dass es sich um Serienfiguren handelt, sondern auch, dass sie nicht nach moralischen Grundsetzen handeln; stalken, morden, mit Drogen handeln. Und dennoch haben sie teils regelrechte Fans. Zumindest scheint das so. Dieses Phänomen wird in der Forschungsarbeit untersucht, mit dem Ziel herauszufinden, welche Faktoren Einfluss darauf haben, wie Serienfiguren – speziell diejenigen, die Verbrechen begehen und so eigentlich eher dem Muster eines „Bösewichts“ entsprechen – von den Rezipienten wahrgenommen werden. Als Beispiel dient die Netflix-Serie „You“, bzw. deren Protagonist Joe Goldberg. Anhand von acht Hypothesen zu personazentrierten- auf der einen und rezipientenzentrierten Variablen auf der anderen Seite wird untersucht, welche dieser Konstrukte die Wahrnehmung des Protagonisten positiv oder negativ beeinflussen. Zentrale Faktoren, die hierbei herangezogen werden, sind die physische Attraktivität der Persona, Sympathie und Empathie, Parasoziale Interaktion (sprich, wie sehr interagiert der Rezipient mit der Medienfigur), sowie die (moralische) Loslösung des Rezipienten von verwerflichem Handeln. Mittels eines Online-Fragebogens, der sich an diejenigen wendet, die die Netflix-Serie gesehen haben (N = 242), kann so herausgefunden werden, dass vor allem Sympathie, moralische Loslösung und eudaimonisches Unterhaltungsempfinden – was Unterhaltungsempfinden beschreibt, welches auch bei zunächst negativ oder belastend empfundenem Medieninhalt, auftreten kann – in einem kausalen Zusammenhang zur Wahrnehmung Joe Goldbergs stehen. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass die Wahrnehmung der Medienfigur nicht so positiv ausgeprägt ist, wie es zu Anfang vermutet wird. Insgesamt kann so dennoch ein Ansatz geschaffen werden, um zu erklären, woher die Faszination für „Böse Helden“ kommt.