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Der Einfluss sozialer Faktoren auf Theoriekarrieren am Beispiel des Kritischen Theoretikers Oskar Negt

Der Soziologe und Kritische Theoretiker Oskar Negt verfasste 1972 gemeinsam mit Alexander Kluge das Werk „Öffentlichkeit und Erfahrung“. Darin vertritt er einen medienkritischen Ansatz, in dem den Massenmedien eine zentrale Rolle bei der Stabilisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse zukommt. Trotz seines für die Kommunikationswissenschaft relevanten Werks wurde Negt im Fach kaum rezipiert. Ziel dieser Arbeit ist es, unter Bezugnahme auf wissenssoziologische Ansätze zu untersuchen, inwieweit der biographische Hintergrund des Wissenschaftlers einen Einfluss auf dessen marginale Rezeption im Fach hatte. Damit soll ein Beitrag zur Schließung biographischer Lücken in der Literatur geleistet und ein tieferer Einblick in die Funktionsweise wissenschaftlicher Theorieentwicklung im Fach gegeben werden.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine qualitative Untersuchungsmethode in Form einer kategoriengeleiteten Textanalyse gewählt. Die Auswertung des (auto)biographischen Quellenmaterials erfolgte über ein interpretatives Verfahren. Sie ergab, dass bestimmte biographische Faktoren wie Negts politische Linksorientierung, sein zum Teil elitäres Theorieverständnis, fehlende Berührungspunkte mit der Kommunikationswissenschaft sowie die geringe Zahl von Publikationen mit Medienbezug einen Einfluss auf dessen geringe Bedeutung im Fach gehabt haben könnten. Dies lässt einen Zusammenhang zwischen sozialen Faktoren und dem Verlauf wissenschaftlicher Theoriekarrieren vermuten.