transfer 15(1) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Der Blinde Fleck des Spielers

Eine Studie zur Wahrnehmung von Gewalt in Bildschirmspielen

In einer Vielzahl von Studien wird die Wirkung von Gewalt in Bildschirmspielen erforscht und diskutiert. Ziel dieser Arbeit war es zunächst festzustellen, was überhaupt als Gewalt von den Spielern identifiziert wird und welche Faktoren diese Wahrnehmung beeinflussen. Computerspiele sind komplexe Handlungsräume, die sich in ihrem Aggregat als Spiele entscheidend von der Rezeption anderer Medien unterscheiden. Überlegungen und Erkenntnisse der anthropologischen und kulturellen Spieleforschung sowie der Ludologie spielten somit für das Design der Studie und die Konstruktion der Instrumente eine wichtige Rolle. Für die Konstruktion des Prozessmodells der Rezeption wurden weiterhin Überlegungen zum Transfer nach Jürgen Fritz in einen dynamisch-transaktionalen Kontext integriert.
In einem quasi-experimentellen Design wurde geprüft, welchen Formen von Gewalthandlung in Abhängigkeit von der medialen Repräsentation und persönlichen Eigenschaften des Spielers auch als Gewalt empfunden werden. Dafür wurden die Teilnehmer aufgefordert, drei verschiedene Spiele jeweils für eine halbe Stunde zu spielen. Die Spiele wurden aufgezeichnet und mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Einschätzungen der Spieler zu dem Spielerlebnis wurden somit bei genauer Kenntnis des Stimulus analysiert. So konnte gezeigt werden, dass vor allem die Ausübung von distanziert dargestellter und psychischer Gewalt in Bildschirmspielwelten nicht als solche von den Spielern erkannt wird.