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Das „Schätzchen des Systems“ gegen die „Hohepriesterin der Angst“

Die Personalisierung der Berichterstattung über die Spitzenkandidaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen im Frankreichwahlkampf 2017

Die französische Präsidentschaftswahl hat das politische System des Landes 2017 auf den Kopf gestellt – am Ende fiel die Entscheidung zwischen dem pro-europäischen Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Zwei Kontrahenten, die nicht nur politisch, sondern auch privat polarisieren: So hat Macron seine 25 Jahre ältere Lehrerin geheiratet; Le Pen ist die Tochter des Front-National-Parteigründers.

Angesichts dessen prüft diese Arbeit, ob die Berichterstattung über die beiden Kandidaten überhaupt politische Sachthemen oder vielmehr ihre Persönlichkeiten und das Privatleben thematisiert. Auch Bewertungstendenzen werden betrachtet. Untersucht wurden Beiträge aus deutschen und französischen Qualitätszeitungen mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse. Durch den Vergleich können Unterschiede in der Debatte zweier eng verbundener Länder abgebildet und vor dem Hintergrund der jeweiligen journalistischen Kulturen erklärt werden.

Insgesamt zeigt sich, dass Personen eindeutig stärker im Fokus stehen als Themen. Dabei sind Macron und Le Pen jedoch nicht als private, sondern als politische Persönlichkeiten relevant. Auch Akteure aus ihrem engeren Umfeld tauchen kaum auf – so spielt Brigitte Macron wider Erwarten fast keine Rolle. Während Macron in deutschen Zeitungen darüber hinaus nahezu ausgewogen dargestellt wird, beurteilen die französischen Titel ihn deutlich kritischer. Le Pen wird in beiden Ländern gleichermaßen und eindeutig negativer als ihr Kontrahent bewertet.