In der Forschungsarbeit wurde die Darstellungsweise des Tourette-Syndroms in den digitalen Medien am Beispiel des YouTube-Kanals „Gewitter im Kopf“ untersucht. Die Meinungen zu dem YouTube-Kanal sind umstritten: Ist es in Ordnung über die Symptome einer Erkrankung zu lachen? Verfügt ein Betroffener über genug Sachkompetenz, um über eine Krankheit aufzuklären? Ist ein Unterhaltungsformat der richtige Rahmen für die Aufklärung über eine Erkrankung? Eignet sich eine Video-Plattform als Kanal der Gesundheitskommunikation? Ist diese Darstellung eine realistische Repräsentation des Tourette-Syndroms?
Zur Beantwortung dieser und vieler weiterer Fragen wurden zehn Experteninterviews durchgeführt. Die Experten waren sich einig, dass das Tourette-Syndrom eine ernstzunehmende Erkrankung sei, welche noch viel Aufklärungsarbeit benötige. Derzeit bestehe das verzerrte Bild in der Gesellschaft, dass das Tourette-Syndrom synonym mit der Koprolalie zu verstehen sei. Dabei sei die Tic-Symptomatik bei jedem Betroffenen individuell ausgeprägt und lediglich ein geringer Teil der Tourette-Patienten weise auch Koprolalie auf. Viele Betroffene hätten mit sozialen Problemen wie Ausgrenzung, Mobbing und Stigmatisierung zu kämpfen. Die einseitige Darstellungsweise in den digitalen Medien intensiviere diese Folgen, da dort vordergründig stark betroffene Tourette-Patienten dargestellt würden. Der YouTube-Kanal „Gewitter im Kopf“ zeige ebenfalls einen Betroffenen mit einer starken Symptomatik und sei somit eine weitere Instanz, die das verzerrte Bild des Tourette-Syndroms in den Medien verstärken würde. Jedoch ermögliche die unterhaltsame Darstellungsweise wiederum vielen Personen einen Zugang zu der komplexen Erkrankung. Aufgrund der schnell erlangten Bekanntheit und der großen Reichweite des Kanals wird ein Zusammenhang zwischen den verstärkten Folgen und den Videoinhalten von „Gewitter im Kopf“ vermutet.