Einstellungen stellen wichtige Prädiktoren unseres (Medien-)Verhaltens dar und können durch selbiges wiederum beeinflusst werden. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwiefern die impliziten und expliziten Einstellungen zu Flüchtlingen Einfluss auf die Selektion von Medienberichten zum Thema nehmen können und so eventuell zu einer Extremisierung beitragen. Außerdem wurde die umstrittene Beziehung beider Einstellungsarten examiniert. Im Rahmen eines Online-Experiments (n = 129) wurden explizite Einstellung mittels einer zuvor entwickelten Skala erhoben, implizite über den Implicit Association Test (IAT). Anschließend sollten die Probanden in zwei Bedingungen (hohe vs. niedrige kognitive Kapazität) valente Artikel über Flüchtlinge selektieren.
Explizite Einstellungen erwiesen sich als stärkster Prädiktor für die Medienwahl. Ihr Einfluss sowie der impliziter Einstellungen und des bisherigen Nachrichtenkonsums nahm bei Begrenzung kognitiver Kapazität durch Zeitdruck noch zu. Mit 58 Prozent konnte hier deutlich mehr Varianz aufgeklärt werden als ohne Zeitdruck (36,5 Prozent). Als Erklärung wird ein additives Einflussmodell vorgeschlagen: Bei Zeitdruck wird heuristisch auf Basis bisheriger Erfahrungen/Einstellungen selektiert. Dieser Prozess scheint jedoch nur abzulaufen, wenn implizite und explizite Einstellungen hinreichend voneinander abweichen, was durch Kognitive Dissonanz erklärt werden kann. Die Ergebnisse liefern zudem Evidenz für eine konzeptionelle Trennung expliziter und impliziter Einstellungen.
Der Einfluss von Einstellungen gegenüber Flüchtlingen auf die Nachrichtenselektion
Zur Beziehung impliziter und expliziter Einstellungen