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Motor oder Bremse? Die Rolle der Presse in sozialpolitischen Reformprozessen

Eine Inhaltsanalyse zur Agenda 2010

In tiefgreifenden Reformprozessen nehmen die Massenmedien eine entscheidende Rolle ein. In einem „geradezu brutalen Ausmaß“ sei hier die Politik abhängig von den Medien, räumt Bundestagspräsident Thierse freimütig ein. Als Vermittler zwischen der politischen Reformelite und ihrem Millionenpublikum, das von den Folgen der Veränderungen unmittelbar betroffen ist, hat das Medienecho einen wesentlichen Einfluss auf die Reformbereitschaft der Bevölkerung – und damit auf Akzeptanz und Gelingen der Reformen.
Die Studie analysiert die Berichterstattung und Kommentierung der wichtigsten deutschen Printmedien zur Agenda 2010. Ausgehend von theoretischen Überlegungen zur Rolle der Massenmedien im Reformprozess untersucht sie in einer Inhaltsanalyse von 1468 Artikeln, ob auch in der gedruckten Publizistik jene „Einheitsfront der Reformer“ steht, die Franz Walter im Parteienspektrum ausmacht. Sie zeichnet an Hand der Daten zur Agenda 2010 nach, wie die Redaktionen Reformen einfordern und vorantreiben – diese aber gleichzeitig durch ihre an Personalisierung, Skandalisierung und Negativismus orientierte Berichterstattung blockieren.
Indem die Arbeit zentrale Ansätze aus der Politik- und Kommunikationswissenschaft erweitert, entwickelt sie ein erstes Modell zur Rolle der Massenmedien in sozialpolitischen Reformprozessen. Abgerundet wird die Studie durch Leitfadengespräche mit relevanten Akteuren aus Bundespolitik, politischer PR und Journalismus, darunter Bild-Chefredakteur Diekmann.