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Wertewandel in der deutschen TV-Werbung

Wenn Liebeserklärungen, Verfolgungsjagden und Luftangriffe unterbrochen werden, um Platz für Weichspüler und Hundefutter zu machen, greift man gerne zur Fernbedienung. Aber das scheinbar Überflüssige ist verräterisch. TV-Werbung ist mehr als Leerlauf zwischen spannenden Szenen: In ihr steckt der Geist der Zeit.
Diese Arbeit spürt ihm nach. TV-Werbung hat sich als vielversprechender Fundus erwiesen, als Spiegel dessen, was wir für wichtig halten. Wer Werbung macht, will Produkte als begehrenswert darstellen. Wird er sich da nicht aktueller Werte bedienen? Die künstlichen Welten verweisen auf reale Gesellschaftszustände. Aufschlussreich der Ansatz, den Sokrates und Platon in der Analyse des Wertvollen verfolgen: Kaum etwas sucht man um seiner selbst willen; Attraktives ist Mittel zu Attraktiverem.
Seit den 70ern hat sich in der interdisziplinären Diskussion das Konzept ‚Wertewandel‘ etabliert: Ronald Inglehart geht von einer Entwicklung von materialistischen zu postmaterialistischen Werten aus; Helmut Klages stellt einen Wandel von Pflicht- und Akzeptanzwerten zu Selbstentfaltungswerten fest.
Zur Überprüfung der beiden Thesen wurden 325 deutsche Werbespots aus fünf Jahrzehnten inhaltsanalytisch untersucht. Die Ergebnisse zeigen ein ebenso konsistentes wie überraschendes Bild und bestätigen, dass TV-Werbung als zuverlässiger Indikator gesellschaftlichen Wertewandels betrachtet werden kann.