Im Jahr 2020 begann für die Menschheit eine Krise, die keiner vorausgeahnt hatte. Innerhalb kürzester Zeit verbreitete sich das SARS-CoV-2 Virus weltweit und veränderte den menschlichen Alltag radikal. Das Radio hat die Bevölkerung in dieser Zeit mit Informationen, Musik und Unterhaltung begleitet. Dabei standen die Sender selbst vor der Herausforderung, einen fortlaufenden Sendebetrieb und den Schutz der Mitarbeitenden zu vereinigen. Wie dies gelungen ist und welche Veränderungen damit einhergehen, steht im Fokus dieser Studie.
Auf Basis einer von Giddens‘ Strukturationstheorie geleiteten, qualitativen Analyse von Leitfadeninterviews mit zehn Führungspersonen nationaler, regionaler und lokaler privater Radiosender, systematisiert die Arbeit Pandemiebewältigungsstrategien der Sender, beschreibt deren Erarbeitung, analysiert ihre Auswirkungen und schätzt die Beständigkeit von Veränderungen ein. Es zeigte sich, dass in allen Sendern der Stichprobe Homeoffice zur Bewältigung der Pandemie eingesetzt wurde, meist in Kombination mit einer Aufteilung von Dienstschichten. Dies veränderte redaktionelle Strukturen kaum, technische Ressourcen allerdings umso mehr. Dadurch ergaben sich wiederum veränderte und zumeist kleinteiligere Produktionsabläufe mit Einfluss auf Kreativität, Kommunikation und Koordination. Veränderungen des Wortinhalts im Programm ergeben sich aus einer vom Publikum erwarteten Thematisierung der Pandemie und eher selten aus den Veränderungen der Produktionsbedingungen. Letztere werden zukünftig wohl nur zum Teil bestehen bleiben, denn wirtschaftlich ergeben die Veränderungen für die Sender weder Vor- noch Nachteile, allerdings beeinträchtigt räumliche Distanz die Kreativität der Redakteur:innen, die als essenziell für die Radioproduktion gesehen wird. Langfristig profitieren kann das Radio durch pandemiebedingt gestiegene Flexibilität und Digitalisierung. Inwiefern der Relevanzgewinn des Mediums in der Gesellschaft erhalten bleibt, muss in kommenden Studien herausgearbeitet werden.