Trotz des hohen öffentlichen Interesses an Sport und seiner für die Gesellschaft wichtigen Sozialisationsfunktion wurde die Sportberichterstattung in der Kommunikationswissenschaft bisher eher randständig erforscht. Der Vielfaltsanspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der im Rundfunkstaatsvertrag verankert ist, lässt sich auch für sportjournalistische Berichterstattung formulieren. Daher stellt sich die Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk diesen Ansprüchen mit Blick auf die zunehmende Konkurrenz um Senderechte im Sport gerecht werden kann. Aufgrund der hohen Reichweite ist es relevant, wie vielfältig die bisher kaum untersuchte Sportberichterstattung der reichweitenstarken Nachrichtensendungen ausfällt.
Der vorliegende Beitrag untersucht die Sportberichterstattung der Tagesschau als reichweitenstärkste Nachrichtensendung Deutschlands und betrachtet anhand der Vielfaltsdimensionen nach Ihle (2018), wie vielfältig diese ist und welche Nachrichtenfaktoren die Sportberichterstattung bestimmen. Dies geschieht mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse. Dafür werden 208 Sendungen der Tagesschau aus den Jahren 2018 und 2019 durch das Bilden künstlicher Wochen ausgewählt, woraus sich 270 Beiträge mit Sportbezug ergeben, die in die Analyse eingehen.
Dabei wird eine deutliche Dominanz des Fußballs und des Männersports aufgezeigt, jedoch keine signifikant hervorgehobene Stellung von Ethnozentrismus. Die Struktur der Beiträge über Fußball unterscheidet sich von der über die anderen Sportarten und begünstigt den hohen Sendeanteil des Fußballs innerhalb der Tagesschau. Insgesamt zeigt der Beitrag daher, dass die Vielfalt der Sportberichterstattung der Tagesschau in Bezug auf die Vielfaltsdimensionen nach Ihle (2018) nicht sehr stark ausgeprägt ist. Im zweiten Teil der Analyse demonstriert die Arbeit, dass es signifikante Unterschiede in der Ausprägung einzelner Nachrichtenfaktoren zwischen den Beiträgen über Fußball und den Beiträgen über andere Sportarten gibt. Beiträge über Fußball weisen einen stärkeren nationalen Bezug auf als die übrigen Sportarten, während diese wiederum häufiger einen emotionalen Bezug beinhalten. Schließlich zeigt der Beitrag, dass Emotionalität und die Relevanz der involvierten Akteure die wichtigsten Prädiktoren für die Länge eines Beitrages sind.