Bei „Autonomous Sensory Meridian Response“ (ASMR) handelt es sich um eine entspannende Sinneswahrnehmung, welche durch visuelle und auditive Reize ausgelöst wird. Der Entspannungseffekt entsteht dabei durch ein Kribbeln, das im Bereich der Kopfhaut und des Nackens wahrgenommen wird. Bekanntheit erlangte das Phänomen in den letzten Jahren durch online verbreitete ASMR-Videos. Darin erzeugen sogenannte ASMRtists unter anderem Geräusche – zum Beispiel durch das Streichen über verschiedene Oberflächen – um auf Seite des Zuschauers das ASMR-Gefühl auszulösen. Mittlerweile hat sich eine eigene ASMR-Community etabliert und die Schöpfer der Videos erreichen auf der Video-Plattform Youtube teilweise ein Millionen-Publikum. Diese Tatsache legt die Vermutung nahe, dass ASMRtists für den Zuschauer als mediale Bezugspersonen von Bedeutung sein können.
Für die Bachelorarbeit wurde die Annahme abgeleitet, dass Rezipienten zu den in ASMR-Videos auftretenden Personen persönliche Bindungen entwickeln können. Diese Annahme wird durch das Konzept parasozialer Interaktionen & Beziehungen gestützt, anhand dessen bereits Bindungen zu verschiedenen Medienpersonen wie Radio-Moderatoren oder Schauspielern nachgewiesen wurden. Für die Studie wurden qualitative Leitfadeninterviews mit ASMR-Nutzern durchgeführt. Dabei wurde zusätzlich erhoben, welche Nutzungsmotive im Rahmen des Uses-and-Gratifications-Ansatzes bei der ASMR-Nutzung angesprochen werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass ASMR-Inhalte teilweise ein hohes Potential für die Entstehung parasozialer Prozesse aufweisen. Dies hängt jedoch vor allem von der Gestaltung des jeweiligen Videos ab. Wenn sich ASMRtists körperlich und sprachlich dem Zuschauer zuwenden, erzeugen sie oftmals eine intime Atmosphäre, welche eine parasoziale Bindung zwischen ihnen und dem Zuschauer fördern kann. Diese „Scheinbeziehung” könnte für den Zuschauer als Kompensation fehlender sozialer Kontakte dienen. Allerdings wurden im untersuchten Sample keine eigenen Erfahrungen bezüglich parasozialer Bindungen erwähnt. Ebenfalls zeigt sich, dass ASMR-Videos hauptsächlich aufgrund affektiver Bedürfnisse, insbesondere dem Wunsch nach Entspannung und Unterhaltung, angesehen werden.