Vor dem Hintergrund des aufkommenden Populismus stellt sich die Frage, inwiefern Negative Campaigning als Instrument populistischer Akteure gesehen werden kann. Dem Aspekt der negativen Kampagnenführung, vor allem im US-Kontext populär, wird hierzulande vergleichsweise wenig Achtung geschenkt. Die EU als supranationaler Parteienwettbewerb weist eine starke Fragmentierung auf, weshalb zusätzlich von einer verstärkten Nutzung von Negative Campaigning ausgegangen werden kann. Die Arbeit stellt eingangs Negative Campaigning als Strategie der politischen Kommunikation dar, widmet sich der Zuschreibung von Verantwortung im politischen Feld und reißt die Agenda-Setting-Theorie und Framing an. Zur Untersuchung des Forschungsinteresses wurde eine quantitative Inhaltsanalyse mit N=538 Tweets in dem Zeitraum einer Woche vor der Europawahl 2019 durchgeführt. Alle deutschen Parteien, die als Ergebnis der Wahl mindestens einen Sitz im Europaparlament erhielten, waren Gegenstand der Analyse. Dabei fand ein Fokus auf die Themenkomplexe Tonalität, Emotionalität, Target sowie Framing statt, die in der Analyse vergleichend zwischen populistischen und nicht-populistischen Akteuren betrachtet wurden.
Kernbefund der Arbeit war, dass das Merkmal populistischer Akteur einen starken Einfluss auf das Vorkommen von Negative Campaigning hat. So verwendeten die Parteien, die nach aktuellem Forschungsstand als populistisch angesehen werden können, häufiger negative Tonalität in ihren Beiträgen. Bei einer konkreten Untersuchung des verwendeten Framings stellten sich zwischen den beiden Gruppen der populistischen sowie nicht-populistischen Akteure keine großen Unterschiede heraus. Als stärkster Einflussfaktor auf eine negative Tonalität konnte die Fremdzuschreibung von Verantwortung identifiziert werden. Besonders interessant ist die Bewertung der angesprochenen Ziele: Populistische Akteure bewerteten Ziele ausschließlich negativ, während nicht-populistische Akteure ein gemischteres Bild lieferten. Bezüglich des Emotionalisierungsgrades der Tweets kann konkludiert werden, dass populistische Akteure signifikant öfter auf eine Emotionalisierung zurückgreifen. Die relevantesten Einflussfaktoren für das Vorkommen von Negative Campaigning wurden abschließend in einem hochsignifikanten Regressionsmodell zusammengefasst.