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Zum Zusammenhang von Kontingenz und Qualität

Die Wahrnehmung von PR- und journalistischen Texten durch die Rezipienten im Kontext des journalistischen Qualitätsdiskurses

Diese Studie untersucht den unterschiedlichen Einfluss von PR- und journalistischen Texten auf die Wahrnehmung durch die Rezipienten im Kontext des journalistischen Qualitätsdiskurses. Das sinkende Vertrauen der heutigen Gesellschaft in die Medien macht eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik besonders interessant. Die Unterscheidung der beiden Textarten erfolgt aufgrund deren Kontingenzgrades: Ein journalistischer Artikel beinhaltet viele gewissheitsreduzierende Klauseln und ist daher von offener Kontingenz geprägt; im Gegensatz dazu zeichnet sich eine Pressemitteilung durch geschlossene Kontingenz und wenige gewissheitsreduzierende Klauseln aus. Als eine der ersten Arbeiten, die die Rezipientenwahrnehmung mit einbezieht, untersucht die vorliegende Studie, ob journalistische Texte beispielsweise als neutraler oder als sprachlich und journalistisch besser empfunden werden als PR-Texte. Weiterhin ist auch die Einschätzung des Autors sowie anderer intervenierender Faktoren auf die Wahrnehmung der Textkontingenz von Interesse. Um diese Aspekte zu untersuchen, wird ein quantitatives Experiment mit einer Online-Befragung durchgeführt. 282 Probanden – in drei Experimentalgruppen – lesen zunächst einen Text mit entweder offenem, mittlerem oder geschlossenem Kontingenzgrad und beantworten daraufhin verschiedene Fragen zu ihrer Einschätzung des Textes und des Textautors sowie zu ihren soziodemographischen Merkmalen. In der Auswertung kann lediglich ein Einfluss der Textkontingenz in die postulierte Richtung auf die wahrgenommenen Texteigenschaften sprachliche und journalistische Qualität, Anschaulichkeit, Verständlichkeit, Lesbarkeit und ansprechende Wirkung festgestellt werden. Journalistische Texte werden von den Versuchsteilnehmern in den besagten Kategorien signifikant besser wahrgenommen als PR-Texte. Das Experiment weist aufgrund des gesellschaftlich stark relevanten Themas einen hohen Praxisbezug auf und kann dank der präzisen und wirksamen Methodik und des grundlegenden Charakters als Basis für aufbauende Untersuchungen in diesem Themenkomplex dienen.