Die Zeitungskrise, welche sich durch einbrechende Abonnent*innenzahlen einerseits und durch Werbemarkteinbrüche andererseits charakterisieren lässt, hat in den letzten dreißig Jahren zu deutlichen Veränderungen in der deutschen Zeitungslandschaft geführt. Erstaunlich wenig Beachtung fanden bei der Forschung bislang die Auslandskorrespondent*innennetze. Als besonders teure und „prestigeträchtige“ Form der Auslandsberichterstattung können Auslandskorrespondent*innen jedoch als wichtiges Beispiel für die Auswirkungen des ökonomischen Strukturwandels gesehen werden. Wie haben sich also die Auslandskorrespondent*innennetze der überregionalen Tageszeitungen in den letzten dreißig Jahren verändert? Können und wollen die Verlage sich den „Luxus“ eigener Auslandskorrespondent*innen noch leisten?
Forschungsstand und Datenlage sind dünn. Auch bei den überregionalen Tageszeitungen selbst liegen zum Teil keine Daten zu historischen Auslandskorrespondent*innennetzen vor.
Deshalb wurde eine Dokumentenanalyse, sofern konkrete Daten zu den Auslandskorrespondent*innen vorlagen, als auch eine knappe, quantitative Inhaltsanalyse durchgeführt. Dabei wurden Daten zur Anzahl, geografischen Verteilung sowie zum Output, also die Anzahl der Artikel pro Auslandskorrespondent*in, für 1993 und heute erhoben. Es ist die erste umfassendere, quantitative Untersuchung von Auslandskorrespondent*innennetzen.
In der untersuchten Zeitspanne sind in den Zeitungen Die Welt, FAZ, SZ und taz insgesamt fast ein Drittel aller festen Auslandskorrespondent*innenstellen weggefallen, was im Vergleich zum Stellenabbau in Redaktionen insgesamt noch moderat ist. Einzig die taz hat heute mehr Auslandskorrespondent*innen als vor dreißig Jahren. Die Abdeckung der klassischen Auslandskorrespondent*innenplätze, wie London, Paris, Rom oder Washington ist zwar größtenteils weiterhin sichergestellt, jedoch wurden hier viele feste Auslandskorrespondent*innen durch Freie ersetzt. Auch in der restlichen Welt haben sich die Auslandskorrespondent*innennetze weiter ausgedünnt, um 15% auf 32 Stellen. Dabei ist festzustellen, dass die Netze auch schon 1993 grobmaschig waren. Der monatliche Output der einzelnen Journalist*innen ist wider Erwarten konstant geblieben: Es ist nicht so, dass die gekürzten Stellen für mehr Arbeit bei ihren verbliebenen Kolleg*innen sorgen und diese nun mehr aus dem Ausland berichten (müssen). Vielmehr ist die gesamte Menge der Auslandskorrespondent*innenberichte um ein Drittel zurückgegangen.