Die Arbeit widmet sich der Untersuchung von warm experts in einer alternden, zunehmend tiefer mediatisierten Gesellschaft im Kontext von Migration innerhalb der Familie. Augenmerk liegt darauf, wie Wissensaustausch, Hilfe und Solidarität zwischen den Generationen innerhalb der migrantischen Familie bei der Aneignung von digitalen (Online-)Medien(-technologien) abläuft. Dazu wird das warm expert-Konzept von Maria Bakardjieva aus dem Jahr 2005 unter den Bedingungen der mediatisierten Gesellschaft erstmalig im Kontext von Migration betrachtet und hinterfragt, welche Relevanz das Konzept noch besitzt.
Die empirische Untersuchung wurde mittels vier qualitativen Leitfadeninterviews bilingual auf Deutsch und Russisch im Zuhause der Migrant:innen durchgeführt, die zwischen 1982 und 1991 aus der ehemaligen Sowjetunion eingewandert sind. Um beide Perspektiven abzubilden, wurden Familieninterviews mit einem warm expert (Enkelkind) und einem bzw. einer hilfebedürftigen Mediennutzer:in (Großelternteil) gleichzeitig geführt.
Die Untersuchung ergab, dass medienbezogene warm experts existieren, die im familiären Helfer-Netzwerk der Migrant:innen auftreten. Die Enkelkinder nehmen als skipped-generation warm experts eine wesentliche Rolle ein, was sich auch auf ihre Mediengeneration zurückführen lässt. Die skipped-generation warm experts sind vor allem als anwendungsbezogene Problemlöser:innen für oder mit ihren Großeltern auf Nachfrage aktiv, zeichnen sich aber auch durch ihre eigene Motivation aus. Die Großeltern unterstützen ihre Enkelkinder in anderen Bereichen. Dabei lässt sich eine wechselseitige Dynamik herausstellen: Die warm expert-Interaktionen sorgen dafür, dass beide Parteien bei Hilfebedarf auf mediatisierte Hilfemöglichkeiten zurückgreifen können, die ohne die Befähigung der Älteren so nicht umgesetzt werden könnten. Warm expert-Interaktionen besitzen das Potenzial, die Verbundenheit zwischen warm expert und Hilfeempfänger:in quantitativ und qualitativ zu stärken und digitale Begegnungsräume zu schaffen, die das mediale Doing Family beeinflussen.
Der Migrationskontext spielt insofern eine Rolle, als dass sich aus transnationaler Familienorganisation weitere Bedarfe und Verantwortlichkeiten ergeben können, mit denen warm experts konfrontiert werden. So kann die Migration als potenzieller Treiber der Mediatisierung verstanden werden. Die skipped-generation warm experts äußern Verpflichtungsgefühle, die sich speziell aus dem transnationalen Charakter der Kommunikation ihrer migrantischen Großeltern ergeben. So sind die warm experts nicht nur Vermittler:innen der Online-Medien, sondern bauen mit ihrer Hilfe- und Garantenstellung Brücken zum Herkunftsland, transnationalen Kontakten und Familienmitgliedern ihrer Großeltern. Dies erleichtert in erster Linie die Beziehungspflege, birgt aber auch Potenzial für Heimatverbundenheit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass warm experts weiterhin von Relevanz sind und mit einem erweiterten Aufgabenfeld betraut werden.