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Journalistische Leistung in der Corona-Krise

Eine quantitative Inhaltsanalyse der Corona-Berichterstattung von deutschen Leitmedien

Im Laufe des Jahres 2020 wurde die Berichterstattung deutscher Medien über die COVID-19-Pandemie häufig in der Öffentlichkeit thematisiert und kritisiert. Die vorliegende Arbeit knüpft an diese Debatte mit den Fragen an, inwiefern deutsche Leitmedien eine journalistische Leistung in der Corona-Krise erfüllen und ob sich der Erfüllungsgrad dieser Leistung im Krisenverlauf ändert.

Entlang drei Perspektiven wird ermittelt, welche Leistungen des Journalismus in einer gesundheitspolitischen Krise besondere Relevanz zugesprochen bekommen. Normative Erwartungen an den Journalismus werden mit besonderen Anforderungen an die wissenschaftsjournalistische Berichterstattung ergänzt und vor dem Hintergrund der aktuellen Medienkritik diskutiert. Mithilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde die Corona-Berichterstattung von fünf Leitmedien (SZ, Der Spiegel, FAZ, Die Zeit und Bild) in zwei Zeiträumen um die ersten beiden Bund-Länder-Beschlüsse im Jahr 2020 auf die Kriterien Ausgewogenheit, Multiperspektivität, Sachlichkeit und journalistische Einordnung hin untersucht (N = 400). Es zeigte sich, dass kritische Meinungen zur Regierungspolitik und zu den Maßnahmen durchaus in der Berichterstattung vorkamen und dass der Anteil dieser im Krisenverlauf zunahm. Dabei stammte die Mehrheit der wiedergegebenen Stimmen aus der Politik und Wissenschaft. In beiden Zeiträumen berichteten die Medien überwiegend sachlich über die Krise und ordneten die Geschehnisse oft thematisch ein. Gemessen anhand dieser Auswahl von Kriterien journalistischer Leistung schnitten deutsche Leitmedien grundsätzlich positiver ab als es die Medienkritik wahrgenommen hatte.