Die Krisen-Erzählung ist keine neue Erscheinung innerhalb der Selbstthematisierung der Medien. Die vermeintliche Vertrauenskrise des Journalismus entwickelte sich in den vergangenen Jahren zum neusten Kapitel dieser Selbstbezüglichkeit. In Talkshows, Print- und Online-Medien, aber auch durch Politiker wurde einen dramatischer Einbruch des Vertrauens der deutschen Bevölkerung in die Medien postuliert. Im Zuge von „Lügenpresse“-Rufen bei Demonstrationen von Pegida und AfD vermutete man das Ansehen des Journalismus auf einem Tiefpunkt, gleichwohl empirische Untersuchungen diese Annahmen nicht belegen konnten.
Die Metaberichterstattung kann als Schlüssel zum Verständnis dieser Entwicklungen im Diskurs angesehen werden. Stand diese bislang nicht im Mittelpunkt kommunikationswissenschaftlicher Forschung, macht es sich diese Arbeit zur Aufgabe, die Erzählmuster der journalistischen Selbstbeobachtung deutscher Leitmedien der vergangenen Jahre mittels einer qualitativen Framing-Analyse zu untersuchen, dominierende Frames zu identifizieren und zu detailliert beschreiben.
Als theoretischer Hintergrund zur Analyse dienen Überlegungen zu Funktionsweisen, Ursachen, Grenzen und Leistungen von Metadiskursen und journalistischer Selbstbeobachtung, sowie Erkenntnisse zum Selbstverständnis von Journalisten. Ebenso werden Ansätze wie Paradigm Repair oder Boundary Work berücksichtigt. Eine kategoriengeleitete qualitative Inhaltsanalyse, welche induktive und deduktive Ansätze kombiniert, ermöglicht sowohl das Auffinden bekannter Basis-Frames, sowie die Generierung spezifischer Themenframes.
Die Analyse offenbart die Dominanz des „Krisen“-Frames innerhalb des Diskurses, die allerdings zu unterschiedlichen Ursachenzuschreibungen und Handlungsaufforderungen in der Berichterstattung führt. Konnte eine Negierung der Krise, gestützt durch Aussagen von Kommunikationswissenschaftlern und empirischen Befunden, bereits früh ihre Rolle im Diskurs finden, vermochte sich dieser „Kontinuitäts“-Frame jedoch nicht durchzusetzen. Dennoch zeichnet sich eine Abschwächung der drastischen Deutung einer Krise im weiteren Verlauf ab. Diese Befunde sind u.a. auf den unreflektierten Umgang mit Umfragedaten im Diskurs zurückzuführen. Die zu Beginn des Diskurses aufgebrachten Studienergebnisse und deren fragwürdige Einordnung bestimmen den weiteren Verlauf des Diskurses grundlegend. Die untersuchten Medien greifen die Berichterstattung und Deutungsmuster einzelner Artikel auf und übernehmen den dort vorhandenen Krisen-Frame.
Als vorherrschendes Deutungsmuster konnte über die gesamte Debatte hinweg der Basis-Frame „Verantwortung“ identifiziert werden. Frames wie „Konflikt“ oder „Personalisierung“ finden allenfalls am Rande statt. Die Befunde spiegeln somit die Erkenntnisse der Forschung zu Paradigm Repair, Boundary Work, den Fokus auf Krisen-Situationen, die Selbsterhaltungsfunktion des Journalismusjournalismus und die Grenzen der Metaberichterstattung wider. Der Diskurs vereint die bekannten Muster bisheriger journalistischer Metadiskurse. Die dominierenden konservativen, strukturerhaltenden Beschreibungen des Journalismus stehen wenigen progressiven Deutungen gegenüber.
„In eigener Sache“ – Der journalistische Metadiskurs zu Medienvertrauen
Eine qualitative Framing-Analyse von Print- und Online-Medien zur vermeintlichen Vertrauenskrise