Diese Arbeit analysiert Imaginationen der Öffentlichkeit als relevante und handlungsanleitende Gehalte im Feld der Wissenschaftskommunikation. Imaginationen von Öffentlichkeit bestehen aus sozial typisiertem und institutionalisiertem Wissen. Sie bündeln kulturelle Vorstellungen darüber, was die Öffentlichkeit ist und was sie sein soll. Den Kern der Arbeit bildet ein systematischer Vergleich der Inhalte von einflussreichen politischen Positionspapieren zum Modell des „Public Understanding of Science“, den soziologischen Öffentlichkeitstheorien von Friedhelm Neidhardt und Jürgen Habermas sowie den wissenschaftssoziologischen Texten Peter Weingarts und Sheila Jasanoffs. Diese bilden die diskursiven Leitplanken des Imaginierens von Öffentlichkeit in Relation zur Wissenschaft. Die Texte werden mithilfe einer Reihe von Unterscheidungskriterien auf ihre strategischen, normativen und politischen Implikationen hin analysiert.
Einerseits unterscheiden sich die vorliegenden Texte anhand unterschiedlicher Konzeptionen des Übersetzungsvorgangs, also der Aufbereitung und Veränderung wissenschaftlichen Wissens für die Öffentlichkeit. Außerdem liegen den Texten unterschiedliche normative Orientierungen zugrunde. Die Texte thematisieren etwa, ob ein grundlegender Widerspruch zwischen gesellschafts- und organisationsbezogenen Zielen besteht oder nicht, und ob die Rolle der Öffentlichkeit als passiv-rezipierend oder aktiv-gestaltend beschreibbar ist. Andererseits finden sich viele Gemeinsamkeiten und Überschneidungen. So zeigt sich beispielsweise, dass das organisationsbezogene Ziel der Anerkennung als wissenschaftliche Institution unweigerlich Fragen nach der Legitimität politischer Entscheidungen berührt.
Die Annahme, dass legitimes Wissen allein durch normatives Handeln oder ein moralisches Wohlwollen zu haben sei, ist mit Blick auf die machtkritischen Überlegungen von Bourdieu, Habermas und Jasanoff sozialtheoretisch in Frage gestellt. Umgekehrt können Übersetzungsleistungen nicht eindimensional auf einen technischen Kommunikationsvorgang reduziert werden. Ihnen sind normative Entscheidungen über die Funktion, Autorität und Souveränität des Wissens eingeschrieben.
Die in den Arbeiten von Habermas und Jasanoff zum Tragen kommende republikanische Perspektive auf Öffentlichkeit erweitert zudem das Verständnis des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik. Wenn wir davon sprechen, dass wissenschaftliches Wissen der öffentlichen Anerkennung bedarf, um Geltung zu erlangen, dann geht das über ein rein organisationsbezogenes Interesse hinaus: Wissenschaft als öffentliche Institution strebt epistemologische Hoheit an, die sie auch normativ begründen muss. Für die Praxis der Wissenschaftskommunikation bedeutet dies, dass sie jeweils an konkrete normative Imaginationen von Öffentlichkeit gebunden ist.