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Herstellung von Öffentlichkeit durch das Medium Theater

Konzeptualisierung eines Öffentlichkeitsverständnisses nach Erwin Piscator und die Anwendung der generierten Theorie auf "Die Ermittlung" von Peter Weiss

Die Bühne als kommunikationswissenschaftliches Medium – wie agiert es und unter welchen Bedingungen kann es öffentliche Aufmerksamkeit generieren und einen gesellschaftlichen Diskurs anstoßen?
Im Rahmen der Arbeit wurde zur Beantwortung dieser Frage zunächst ein Öffentlichkeitskonzept erarbeitet, auf das ein spezifisches Theaterstück – „Die Ermittlung“ von Peter Weiss – angewendet werden konnte. Basis der Definition war das Verständnis von Theater, das der Regisseur Erwin Piscator, der „Die Ermittlung“ 1965 in Westberlin inszenierte, nach dessen Exil formulierte: Bühne und Zuschauerraum als Forum und moralische Mahninstanz. Dieses wurde mit weiteren wissenschaftlichen Modellen – wie dem von Gerhards/Neidhardt oder Arendts Rezeption des Polis-Gedankens – zu einer Öffentlichkeitstheorie verknüpft und begründet. Die Untersuchung des Stücks von Weiss konnte zeigen, inwieweit Aspekte wie Brisanz des Themas und Popularität der Akteure, das besondere Ereignis der Ringuraufführung und der Einsatz von Mitteln des Dokumentartheaters Öffentlichkeit herstellen konnten. Im Folgenden wurden anhand von Podiumsdiskussionen einige direkte Auswirkungen der „Ermittlung“ auf die Gesellschaft sichtbar gemacht.
Die Arbeit konnte aufzeigen, dass „Die Ermittlung“ Öffentlichkeit generierte und den Diskurs zur Vergangenheitsbewältigung anstieß oder weiterbrachte. Außerdem konnte das Aufkeimen einiger gesellschaftlicher Leitvorstellungen festgestellt werden, die durch das Theater forciert wurden.