Entscheidungen der EU beeinflussen immer stärker die nationale Gesetzgebung, dennoch fühlen sich mehr als 70 Prozent der Europäer schlecht über EU-Politik informiert. Daher drängt sich die Frage nach der Qualität europäischer Politikvermittlung in den Medien auf. Um darauf eine erste Antwort zu geben, untersucht diese Arbeit am Beispiel der Debatte um den Vertrag über eine Verfassung für Europa (VVE) die Qualität der Berichterstattung deutscher und französischer Tageszeitungen vor der jeweiligen Ratifikation. Zur Beurteilung wurden die in der Kommunikationswissenschaft diskutierten Qualitätskriterien – u.a. Relevanz, Vielfalt und Ausgewogenheit – heranzogen sowie der Grad der Europäisierung gemessen. Im Ergebnis offenbarte die Studie erhebliche Qualitätsdefizite in der Berichterstattung beider Länder: Der Vertrag war selten Schwerpunkt der Artikel; es wurden nur wenige Informationen zum VVE publiziert und Repräsentanten der EU waren deutlich seltener vertreten als nationale Politiker. Beiträge, in denen vorwiegend nationale Akteure vorkamen, wurden häufig prominenter platziert. Die Presse berichtete einseitig positiv über den VVE und konzentrierte sich auf wenige Inhaltsaspekte, Argumente und Akteursgruppen. Resümierend zeigte sich, dass die EU in den Artikeln über den Verfassungsvertrag kaum sichtbar war. Auch die in der Forschung diskutierten positiven Auswirkungen von Referenden auf die Qualität politischer Berichterstattung sollten vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse nicht überschätzt werden.
Europäische Politik in den Medien
Eine empirische Analyse der Debatte um den Vertrag über eine Verfassung für Europa in deutschen und französischen Printmedien.