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Die Macht des Lesers

Eine inhaltsanalytische Untersuchung des Einflusses von Leserkommentaren auf die Medienberichterstattung zum Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen (ACTA)

Ziel der Arbeit ist es, die neue Macht der Rezipienten, die aus der digitalen Revolution resultiert, empirisch zu überprüfen. Konkret geht es um die Frage, ob Nutzer von Online-Nachrichten, durch die zu den Artikeln angebotene Kommentarfunktion, Einfluss auf die Berichterstattung nehmen. In einer quantitativen Inhaltsanalyse wird das Medien-Framing zur Debatte um das Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen (ACTA) in zwei österreichischen Qualitätszeitungen untersucht. Die Arbeit knüpft am Konzept des aktiven Rezipienten an. Leserkommentare werden als Plattform für partizipativen Journalismus begriffen, der im traditionellen Journalismus Beachtung findet. Um den Einfluss von Leserkommentaren auf Artikel untersuchen zu können, wird eine analytische Differenzierung anhand der jeweiligen Journalismuskultur vorgenommen. Im Netz wird eine normative Kluft erkannt, die sich in den journalistischen Inhalten manifestiert.
Bei der empirischen Überprüfung werden 87 Artikel und 602 Kommentare von „derStandard.at“ und „diePresse.com“ im Zeitraum von 22.02.2010 bis 04.07.2012 erfasst. Dabei kann die Unterscheidung der Journalismuskulturen empirisch nachgewiesen werden, da die Frames der ACTA-Gegner eher in Kommentaren und jene der ACTA-Befürworter eher in Artikeln zu finden sind. Es kann jedoch keine Annäherung des Framings in Artikeln und Kommentaren im Zeitverlauf gemessen werden. Die Deutungsmacht der traditionellen Journalisten bleibt somit auch in Zeiten des Web 2.0 bestehen.