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Der Videojournalist (VJ) in narrativen Langformaten 

Eine Chance für neue authentische und unkonventionelle Narrationsformen in der zunehmend formatierten TV-Landschaft?

Digitalkameras und einfache Schnittsoftware ermöglichen es, dass potentiell jeder Fernsehjournalist Beiträge als Videojournalist (VJ) selbst drehen und schneiden kann. Online hat diese Entprofessionalisierung bereits zu innovativen Genre-Mischungen geführt. Im Fernsehen hingegen verstärkt sich derzeit speziell im Bereich erzählerischer Genres (Reportage, Feature, Dokumentation) der Trend zur Formatierung. Werden innovative Potentiale in der journalistischen Fernsehproduktion in Deutschland also nicht genutzt? Diese Frage wird am Einsatz von VJs in erzählerischen Formaten untersucht. Methodisch wird hierfür eine Literaturanalyse mit einer qualitativen Befragung von Redakteuren und VJs sowie einer Befragung der Zuschauer des für diese Arbeit produzierten VJ-Films „Paris par Hasard“ kombiniert.
Das Ergebnis: Während VJs durch Authentizität, Nähe, Kreativität und Flexibilität überzeugen, gehören zu ihren Schwächen inhaltliche und technische Mängel, die sich unter Zeitdruck verstärken. Diese Attribute eignen sich für die Produktion „freier“ narrativer Filmbeiträge – in der Praxis werden VJs jedoch meist in formatierten tagesaktuellen Produktionen und somit konträr zu ihren Potentialen eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Potentiale neuer Produktionsformen erst identifiziert werden müssen, um sie ideal zu nutzen. Neues in alten Strukturen bringt vielleicht Kostenersparnisse, aber selten Innovationen.
Begleitend zur Arbeit wurde ein Film entwickelt, der unter dem folgenden Link abzurufen ist:
https://www.nrwision.de/programm/sendungen/ansehen/paris-par-hasard-paris-per-zufall.html