Seit einigen Jahren reagiert der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland mit tiefgreifenden organisatorischen und strukturellen Veränderungen auf den Mediennutzungswandel in der Gesellschaft. Um die journalistischen Inhalte an die neuen Rezeptionsbedürfnisse anzupassen, sollen die produktionellen Strukturen in den einzelnen Landesrundfunkanstalten der ARD mittels redaktioneller Konvergenz und crossmedialem Arbeiten transformiert werden. Studien der Journalismusforschung zeigen, dass die dabei zum Einsatz kommenden Redaktionskonzepte weitreichende Veränderungen hinsichtlich der journalistischen Arbeitsweisen und Tätigkeitsbereiche herbeiführen. In der vorliegenden Studie werden die Auswirkungen der laufenden crossmedialen Umstrukturierung des Norddeutschen Rundfunks exemplarisch am Beispiel des Radiosenders NDR Kultur untersucht.
Um zu prüfen, mit welchen arbeitsalltäglichen Konsequenzen sich die dort tätigen journalistischen Akteure seit Reformbeschluss konfrontiert sehen und wie es ihnen bisher gelingt, die intendierten Strukturen mit ihrem persönlichen Routinehandeln und individuellen Ansprüchen zu vereinbaren, wurden fünf Experteninterviews mit Mitarbeitern von NDR Kultur geführt. Die Ergebnisse zeigen, dass es bereits in der Phase der generellen Akzeptanz der neuen Zielsetzungen und Regeln innerhalb der Kulturradio-Belegschaft zu Haltungen kommt, die das Voranschreiten des Wandlungsprozesses behindern können. Um innerhalb der alten Strukturen eines überaus traditionsbehafteten Systems wie dem Kulturradio Neues zu ermöglichen, bedarf es insbesondere der Initiative einzelner Schlüsselakteure, die sowohl über spezielle Vorkenntnisse als auch einen gewissen Motivationsüberschuss verfügen.