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C-moll, aber nicht Beethoven!

Mozarts Klavierkonzert KV 491 und seine Interpreten

Von W. A. Mozarts sämtlichen Sinfonien, Klaviersonaten und Klavierkonzerten stehen jeweils nur zwei in einer Molltonart. Öffnet Mozart den Moll-Tonraum, assoziiert man damit schnell eine besondere Ausdrucksqualität – das dramatische d-moll der Königin der Nacht, des Don Giovanni, des Requiems – das geheimnisvolle g-moll der beiden Sinfonien. Und nicht zuletzt die Sphäre des vom Mozartforscher Alfred Einstein so etikettierten „finsteren“, „aggressiven“, sogar „pathetischen“ c-moll in der ‚Nacht Musique‘ oder dem Klavierkonzert KV 491.
Man muss sich fragen, woher diese Deutungen kommen; besonders die Tonart c-moll scheint in der Mozart-Rezeption quasi rückwirkend durch die heroischen Werke Beethovens geprägt zu sein.
Um einen alternativen Zugang zu Mozarts Gebrauch der Tonart c-moll zu finden, werden im ersten Teil der Arbeit die biografischen und semantischen Kontexte aufgezeigt, in denen sich Mozart mit dieser Tonart beschäftigt. Die anschließende Analyse belegt den Stellenwert des c-moll-Konzerts als Höhepunkt einer neuen intellektuellen und kompositorischen Auseinandersetzung mit den Ausdrucksformen des musikalischen Barock.
Unter diesem Gesichtspunkt steht im zweiten Teil eine kritische Reflexion der Interpretationsgeschichte von 1937 bis heute. Nach der maßgeblichen Einspielung von Glenn Gould 1961 lässt sich eine Verschiebung der Perspektive feststellen von Beethoven und der deutschen Frühromantik zu Bach, dem Spätbarock und der Vorklassik.