In den vergangenen Jahren ließ sich beobachten, dass zusehends mehr Popmusikschaffende auf den Musikmarkt strömen, die Erfolgsgeschichten schreiben und dabei unter Beweis zu stellen scheinen, dass sie für die Entwicklung von Musikkarrieren auf niemanden außer sich selbst angewiesen sind. Die Arbeit soll zu einem umfassenderen Verständnis dieser vermeintlichen Künstler(-Selbst-)Entwicklung beitragen.
Bei der theoretischen Betrachtung der musikbezogenen Wertschöpfung lassen sich zwei grundlegende Erkenntnisse gewinnen: Zum einen zeigt der Rückblick, dass Medien zu Veränderungen in der Wertschöpfung führten, indem sie Musikkulturen neue Handlungsspielräume ermöglichten. Zum anderen zeigt sich, dass dieser, durch digitale Netzwerkmedien verursachte, Wandel zu einer neuen Wertschöpfungspraktik der Musikschaffenden geführt hat. Diese koordinieren ihre Karriere selbst, indem sie sich in Netzwerken organisieren und auf Ressourcen der Akteure ihres Wertschöpfungsnetzwerks zurückgreifen. Für ein daraus resultierendes neues Anforderungsprofil ließen sich bislang nur vereinzelte Kompetenzanforderungen finden: soziale, mediale, unternehmerische und künstlerische Fähigkeiten. Mithilfe des offenen Verfahrens der Situationsanalyse wurde die Wertschöpfungssituation von sieben Musikschaffenden analysiert.
Es wirken zahlreiche Faktoren auf diese ein und resultieren in einer gravierenden Ressourcenknappheit und beruflichen Unsicherheit. Dabei spielen neben ökonomischen auch soziokulturelle, allgemeine gesellschaftliche und historische Elemente eine Rolle, die sich überwiegend auf die Digitalisierung zurückführen lassen. Um diese Ressourcenknappheit zu meistern verfolgen die Befragten zwei Strategien: Zum einen sichern sie ihre finanzielle Grundlage durch das Einschlagen von Portfolio-Karrieren ab. Zum anderen greifen sie auf Akteure zurück, die sie in individuellen Netzwerken organisieren. Da sich ihre Wertschöpfung durch den Rückgriff auf Ressourcen vieler kleiner Akteure statt allmächtiger Gatekeeper sicherstellen lässt, wird deutlich, dass neu entstandene Handlungsspielräume genutzt werden, um eigenständig ihre Karriere zu entwickeln. Eine neue Rolle als Artepreneur scheint sich zu verfestigen. Das daraus entstehende Anforderungsprofil hat sich um Kompetenzbereiche erweitert, die diese Folgen auffangen müssen. Karriereplanung ergänzt künstlerisches Schaffen, Vertrieb und Marketing. Dabei werden Kompetenzen in den Bereichen Strategie, Organisation, Handwerk und Soft Skills erforderlich.