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Die Wahlkampfartikel der „Neuesten Mittheilungen“

Überlegungen zum propagandistischen System in der Bismarckzeit

Im Deutschen Kaiserreich sollten die Bemühungen, die Öffentlichkeit durch die Presse zu beeinflussen, primär durch Bismarck initiiert und mit den Kreisblättern umgesetzt werden. Aufgrund dessen wurde 1882 die neue Presseorganisation ins Leben gerufen. Wesentliche Neuerung war die geheim-agierende Korrespondenz „Neueste Mittheilungen“, welche Gegenstand der Arbeit ist. Es galt herauszufinden, ob und inwiefern Bismarck mit dieser Propagandaform Erfolg hatte. Ziel war darüber hinaus die wissenschaftliche Erschließung des Inhalts dieser Korrespondenz. Die Wahlkampfartikel, welche die Leitartikel darstellen, wurden deshalb inhaltsanalytisch betrachtet und auf ihren propagandistischen Gehalt hin untersucht. Des Weiteren wurde der Frage nachgegangen, nach welchen Kriterien die Wahlkampfartikel in die Kreisblätter übernommen wurden. Die Nachrichtenwerttheorie, eine der bekanntesten Theorien der Nachrichtenauswahl, wurde dazu benutzt, mögliche Auswahlkriterien für die Übernahme in einer Inhaltsanalyse zu generieren. Nach den Ergebnissen zu urteilen, kann das propagandistische System Bismarcks als nicht gelungen gelten, was vor allem an der geringen Zahl der Übernahmen in die Kreisblätter lag. Vier der sechs aufgestellten Hypothesen, die den Erfolg der „Neuesten Mittheilungen“ verdeutlichen sollten, wurden widerlegt. Auch die Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwerte konnten keine Erklärung liefern, warum spezifische Wahlkampfartikel übernommen wurden und andere nicht.